Regulation for Early Benefit Assessment of New Pharmaceuticals: Comment of 17 January 2025 by the Institute for Quality and Efficiency in Health Care (IQWiG) on the draft amendment of the Regulation for Early Benefit Assessment of New Pharmaceuticals of 17 December 2024 (German version)

2025-01-17

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1 Vorbemerkung

Das IQWiG unterstützt die Zielsetzung der EU-HTA-Verordnung (Verordnung (EU) 2021/2282), einheitlich strukturierte, hochwertige und transparente Informationen als Grundlage für die Entscheidungsfindung in nationalen Gesundheitssystemen zur Verfügung zu stellen. Auch die klinische Entscheidungsfindung in der Behandlung individueller Patientinnen und Patienten soll durch die Information aus EU-HTA-Verfahren unterstützt werden. Die Verringerung des Aufwands für die Durchführung hochwertiger HTA-Verfahren – sowohl für pharmazeutische Unternehmen als auch für die beteiligten HTA-Organisationen und Stellungnehmenden im Verfahren – ist ein weiteres wichtiges Ziel der EU-Verordnung.

2 Nutzung der auf EU-Ebene eingereichten Informationen im nationalen Verfahren nach dem AMNOG

Das IQWiG befürwortet die Nutzung der bereits auf EU-Ebene eingereichten Informationen, die die Anforderungen des AMNOG-Verfahrens erfüllen, für die Nutzenbewertung nach §35a SGB V. Dies kann, wie im Änderungsentwurf der AMNutzenV vorgeschlagen, durch Bezugnahme (Verweis) auf die entsprechenden Abschnitte im EU-Dossier geschehen. So müssen lediglich Informationen, die aus dem EU-Verfahren nicht zur Verfügung stehen, im nationalen Dossier für das AMNOG-Verfahren vorgelegt werden.

Das IQWiG begrüßt die Aussetzung des Verfahrens für einen auf maximal drei Monate begrenzten Zeitraum, um die Einbindung der Unterlagen aus dem europäischen Verfahren in die nationale Nutzenbewertung zu ermöglichen. Wichtig bleibt, dass zum Verfahrensbeginn die vollständigen Unterlagen vorliegen.

Die Voraussetzung für die Verweislösung ist, dass das europäische Dossier zeitgerecht vollumfänglich (einschließlich aller Anlagen) für das deutsche Verfahren zur Verfügung steht. Ein Vorgehen diesbezüglich ist noch nicht beschrieben. So legt Artikel 13 (1b) der EU-HTA- Verordnung zwar fest, dass das Dossier den Unterlagen für die Bewertung auf Ebene der Mitgliedsstaaten beigelegt werden soll. Es ist aber nicht geregelt, wie die HTA-Organisationen, die die nationale Bewertung durchführen, zeitgerecht zum Beginn der Bewertung im nationalen Verfahren auf das vollständige Dossier zugreifen können.

Gemäß der aktuellen Planung der Europäischen Kommission wird der Zugriff auf die EU-HTA IT-Plattform (außerhalb der öffentlich zugänglichen Internetseite) auf Personen mit direkter Beteiligung am EU-Verfahren beschränkt. Damit bestände kein Zugriff für Personen, die zwar an nationalen Verfahren der Mitgliedsstaaten, nicht aber am EU-Verfahren beteiligt sind. Auch die Nutzung der Informationen auf der EU-HTA-IT-Plattform ist aktuell auf die EU-Verfahren eingeschränkt. Die Nutzung des EU-Dossiers für das nationale Bewertungsverfahren erscheint damit aktuell nicht möglich.

Die geplante Veröffentlichung des Dossiers auf der EU-IT-Plattform (EU-HTA-Verordnung Artikel 30 (3d)) ist für die Nutzung des Dossiers im nationalen Verfahren nicht ausreichend, da diese Veröffentlichung zeitlich nicht eindeutig festgelegt ist und potenziell Schwärzungen von Informationen enthält (Durchführungsverordnung (EU) 2024/1381 Artikel 20).

Es ist deshalb notwendig, die Voraussetzungen für die Umsetzung der Verweismöglichkeit zu schaffen.

3 Wahrung der Transparenz des Verfahrens und der Grundlagen der Bewertung auf EU-Ebene und in der frühen Nutzenbewertung nach dem AMNOG

Die Nutzenbewertung nach dem AMNOG stellt eine umfängliche Transparenz des Verfahrens und der Daten, die der Entscheidung zum zugrunde liegen, sicher. Der Umfang der Daten zu neuen Arzneimitteln geht dabei über die bislang verfügbaren Quellen hinaus.1 Diese Transparenz wird von allen Beteiligten als wesentlicher Gewinn der Nutzenbewertung nach dem AMNOG anerkannt.2

Die umfassenden Informationen aus der Nutzenbewertung nach dem AMNOG werden auch über den Beschluss des zum Zusatznutzen und die anschließenden Verhandlungen zum hinaus genutzt. So werden die Ergebnisse den Ärztinnen und Ärzten über die Arztinformationssysteme in den Praxen zur Verfügung gestellt. Das IQWiG veröffentlich allgemeinverständliche Gesundheitsinformationen zu den Bewertungen für Bürgerinnen und Bürger. Die Bewertungsberichte und die weiteren Unterlagen aus dem Verfahren (z.B. die Dossiers der pharmazeutischen Unternehmer) stehen für weitere wissenschaftliche Arbeiten zur Verfügung, z.B. für Leitlinienarbeit der Fachgesellschaften.

Diese Transparenz wird durch die Anforderung der Vollständigkeit des Dossiers und der Offenlegung der Grundlagen, auf die sich die Bewertung stützt, erreicht (§35a SGV V, AMNutzenV).

Ob das Transparenzniveau des AMNOG auch im EU-Verfahren erreicht werden kann, ist aktuell unklar. Artikel 11 (5) der EU-HTA-Verordnung gibt dem pharmazeutischen Unternehmer die Möglichkeit, Angaben des Bewertungsberichts als vertrauliche Geschäftsinformation zu kennzeichnen. Artikel 20 der Durchführungsverordnung (EU) 2024/1381 beschreibt, dass die Europäische Kommission die Unterlagen des Verfahrens (Dossier des pharmazeutischen Unternehmers und Bewertungsbericht) veröffentlicht, nachdem sie den Standpunkt der Untergruppe zu Joint Clinical Assessments (JCA Subgroup) zur Vertraulichkeit der in diesen Unterlagen enthaltenen Geschäftsinformationen, deren vertrauliche Behandlung der Entwickler der Gesundheitstechnologie beantragt hat, erwogen hat. Es kann aktuell nicht eingeschätzt werden, in welchem Umfang die Europäische Kommission der Schwärzung von Angaben im Dossier und im Bewertungsbericht zustimmen wird.

Im nationalen Verfahren ist nach §9 der AMNutzenV die Offenlegung der Grundlagen der Bewertung durch die Veröffentlichung des Dossiers und des Bewertungsberichts auf der Internetseite des G-BA sicherzustellen. Dabei darf die Kennzeichnung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Pflicht zur Offenlegung der Studienergebnisse nicht entgegenstehen. Diese Regelung stellt die oben beschriebene umfängliche Transparenz der Daten zu neuen Arzneimitteln im AMNOG-Verfahren sicher. Das IQWiG geht davon aus, dass diese Transparenz aufrechterhalten wird und damit weiterhin zu guten Entscheidungen für die Patientenversorgung beitragen kann.

Dies ist umso wichtiger, als es durch die gestaffelte Einführung des Verfahrens bis etwa 2040 parallele rein nationale Verfahren und solche mit einer europäischen Nutzenbewertung geben wird, für die eine Gleichbehandlung sicherzustellen ist.

[1] Köhler M, Haag S, Biester K, Brockhaus A C, McGauran N, Grouven U et al. Information on new drugs at market entry: retrospective analysis of health technology assessment reports versus regulatory reports, journal publications, and registry reports BMJ 2015; 350 :h796 doi:10.1136/bmj.h796
[2] Osterloh, F. Zehn Jahre AMNOG: Das Gesetz wirkt. Dtsch Arztebl 2021; 118(4): A-176 / B-156k