Entstehung eines ThemenCheck-Berichts

Die Entstehung eines ThemenCheck-Berichts anschaulich machen und die Menschen im IQWiG zeigen: Das ist die Idee hinter dieser Fotostory. Sie wurde ursprünglich Ende 2022 unter dem Hashtag #IQWiGFotoStory bei Mastodon veröffentlicht.

Im Institut kümmern sich vor allem Ulrich und Laura um diesen besonderen Berichtstyp.

Was ist das Besondere am ThemenCheck Medizin, Ulrich?

„Bei diesem Verfahren kann jede und jeder eine Frage stellen, die in einem sogenannten HTA-Bericht oder beantwortet werden soll. Die Vorschläge werden über unsere Website eingereicht.“

Das Spektrum der Vorschläge ist breit.

„Nur Fragen zu Arzneimitteln sind ausgeschlossen“, erklärt Laura. „Dafür gibt es ja andere Bewertungsverfahren wie unsere Dossierbewertungen.“

Hier die komplette Vorschlagsliste.

Eine Bürgerin hat zum Beispiel die Frage gestellt, ob Frauen mit wiederkehrender Blasenentzündung unbedingt Antibiotika nehmen müssen oder auch pflanzliche Präparate helfen können.

Unsere Fotostory zeichnet nach, was nach der Einreichung genau dieses Vorschlags passiert ist.

„Manche Vorschläge sind erst mal etwas vage formuliert. Aber das macht nichts“, findet Laura: Zusammen mit den Bürger*innen werden die Themen dann nachgeschärft.

Hier berät sich Laura dazu mit Claudia, die im IQWiG den Bereich Versorgung leitet.

Die Frage zur Blasenentzündung war aber schon präzise formuliert, wie Ulrich hier an Lutz Altenhofen berichtet. (Herr Altenhofen leitete bis Ende 2022 das Ressort „Versorgung und Gesundheitsökonomie“, in dem der ThemenCheck Medizin angesiedelt ist.)

Dann kommt der Vorschlag auf die Website.

Pro Jahr können beim ThemenCheck Medizin vier bis fünf Themen bearbeitet werden.

Wie werden die ausgewählt, Laura?

„In zwei Schritten. Ein Auswahlbeirat aus Bürgerinnen und Bürgern sowie Patientenvertreterinnen und -vertretern benennt 15 Themen, die er besonders wichtig findet. Dafür bereiten wir hier die Unterlagen vor.“

Marco führt Vorabrecherchen durch. „So sehen wir zum Beispiel rechtzeitig, wenn es zu einem Thema gar keine Studien gibt, die man auswerten könnte. Zur Behandlung von Blasenentzündungen gab es aber zum Glück einiges über pflanzliche Mittel - wie Cranberries oder Bärentraube.“

Der Auswahlbeirat, den wir hier zeigen, hat seine 5-jährige Amtszeit beendet; der neue hat sich gerade konstituiert, aber wir konnten noch keine Fotos machen.

In diesem Beirat sitzen Patientenvertreterinnen und -vertreter sowie per Los ausgewählten Bürgerinnen und Bürger. Auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung entsendet eine Person.

Der Auswahlbeirat trifft sich einmal im Jahr. „Für uns immer ein Highlight“, schwärmt Ulrich. „Die Bürgerinnen und Bürger sind ja überwiegend medizinische Laien. Aber sie sind unglaublich engagiert und konstruktiv bei der Sache.“

„Schon vor der Sitzung bearbeiten die Mitglieder des Beirats einen Bewertungsfragebogen", so Ulrich. "In der Sitzung stellen sie uns fachliche Fragen und stufen die Eignung und Wichtigkeit der Themenvorschläge nach einem Ampelsystem ein. Am Ende stehen 15 Themen auf Grün.“

„Hier noch einmal der vorige Auswahlbeirat, dem wir für seine hervorragende Arbeit ganz herzlich danken“, ergänzt Laura.

„Und so sieht das Ergebnis des Konsensverfahrens aus. Mit diesem Ergebnis gehen wir im zweiten Auswahlschritt in den erweiterten Fachbeirat.“

Für unseren erweiterten Fachbeirat, der die Auswahl weiter priorisieren soll, werden bei Bedarf noch weitere Informationen und Einschätzungen eingeholt - hier etwa von Dominik zum gesundheitsökonomischen Stellenwert der Themen. Auch dieses Gremium tagt einmal im Jahr.

Das ThemenCheck-Medizin-Kernteam diskutiert die Ergebnisse des erweiterten Fachbeirats mit der Institutsleitung.

Dann legen Jürgen Windeler und sein Stellvertreter Stefan Lange endgültig fest, welche fünf Themen tatsächlich bearbeitet werden.

Das Thema „Pflanzliche Präparate bei wiederkehrenden Blasenentzündungen“ hat es in die Top 5 geschafft.

Hier noch einmal der Prozess, den wir bisher dargestellt haben: von der Themeneingabe bis zur jährlichen Auswahl. In den FAQ kann man das unter dem Punkt "Das Auswahlverfahren" ausführlicher nachlesen.

Die HTA-Berichte zu den ausgewählten Themen werden von externen wissenschaftlichen Arbeitsgruppen geschrieben. Fereshteh aus dem Justiziariat ist auf dem Weg ins Institut, um die Ausschreibungen vorzubereiten, auf die sich interessierte Teams bewerben können.

Jedes HTA-Team wird auf mögliche Befangenheiten geprüft. Das erklären wir in diesem Video.

Robert leitet unsere Interessenkonflikt-Kommission. Er lehnt sich entspannt zurück: Das Blasenentzündungs-Thema kann problemlos vergeben werden.

„Sobald der Vertrag in trockenen Tüchern ist, organisieren wir ein Kick-off-Meeting mit den Autorinnen und Autoren des Berichts“, erklärt Laura. „Beim Thema Blasenentzündungen war das ein Team aus Wien.“

Als erstes Dokument schickt uns das HTA-Team ein Berichtsprotokoll, in dem es die Methoden und Schritte bei der Erarbeitung des Berichts darlegt. Hier bereitet Jochen aus der technischen Redaktion das Dokument für die Veröffentlichung auf der IQWiG-Website vor.

Wenn die Autorinnen und Autoren Fachliteratur benötigen, auf die sie keinen Zugriff haben, beschafft das Ressort Informationsmanagement die Texte.

„Hier nimmt Jürgen tatsächlich eine Zeitschrift zur Hand“, amüsiert sich Ulrich. „Das meiste läuft aber digital.“

Links oben: Ein Haufen getrocknete, rote Cranberries auf weißem Untergrund. Links unten: Eine blaue Wärmflasche auf einer flauschigen grauen Decke. Rechts oben: Einige halb dunkelrote, halb gelbe Amoxycillin-Kapseln auf schwarzem Untergrund. Rechts unten: Wasser fließt aus einer durchsichtigen Flasche in ein Glas.

Das Wiener Autorinnen- und Autoren-Team spricht ausführlich mit fünf von wiederkehrenden Blasenentzündungen betroffenen Frauen – hier im PDF ab S. 159 nachzulesen.

„So erfahren wir zum Beispiel, welche Behandlungen die Frauen ausprobiert haben und was sie besonders belastet“, erklärt Laura.

„Ulrich und ich sind Generalisten, die von allen Teilen eines HTA-Berichts etwas verstehen: , Ethik, soziale Aspekte usw.“, sagt Laura. „Bei Bedarf schalten wir Spezialisten aus dem Institut ein. Hier prüfen zum Beispiel Dominik und Anja den gesundheitsökonomischen Teil des HTA-Entwurfs aus Wien.“

Bevor der vorläufige veröffentlicht wird, durchläuft er eine Konformitätsprüfung: Passt alles zur IQWiG-Methodik? Hier sichtet Nina aus dem Stabsbereich Qualitätssicherung die letzten Änderungsvorschläge vor der Generierung des PDFs. Es hat 207 Seiten.

Zum vorläufigen HTA-Bericht können alle Interessierten Stellung nehmen. Im Ressort Versorgung und Gesundheitsökonomie, wo der ThemenCheck Medizin angesiedelt ist, korrespondiert Christina mit den Stellungnehmenden - etwa, wenn sie zitierte Literatur nicht mitgeschickt haben.

„Wenn wir Rückfragen haben, setzen wir bei uns im KölnTurm eine Erörterung mit den Stellungnehmenden an“, berichtet Ulrich. „Mündlich klärt sich vieles leichter auf. Beim Thema Blasenentzündungen war das aber nicht nötig. Es gab auch nur drei Stellungnahmen.“

„Während das HTA-Team in Wien den auf Basis der Stellungnahmen überarbeitet, schreiben wir in Köln den Herausgeberkommentar“, erklärt Laura. „In ihm ordnet das IQWiG den HTA-Bericht der externen Autorinnen und Autoren aus seiner Perspektive ein.“

Die Institutsleitung (Stefan Lange und Jürgen Windeler) spricht den Entwurf des Herausgeberkommentars durch.

Gleichzeitig schreibt Dennis aus dem Ressort Gesundheitsinformation die allgemein verständliche Zusammenfassung des Berichts, „HTA kompakt“ genannt.

Auch der finale HTA-Bericht durchläuft eine inhaltliche und formale Prüfung, bevor wir ihn versenden und veröffentlichen. Hier sichern Nina und Jochen gerade die Qualität des Berichts, des Herausgeberkommentars und der Kurzfassung "HTA kompakt".

Danach verpasst Markus den Dokumenten den Feinschliff, damit sie gut aussehen und gut zu lesen sind. Allein der Bericht hat nun 224 Seiten.

Was genau veröffentlichen wir, Ulrich? „Alle Komponenten, also HTA-Bericht, Herausgeberkommentar, Stellungnahmen und allgemein verständliche Kurzfassung. Das macht unsere Online-Redaktion: Andrea, Johannes und Nelli.“

Hier die Projektseite zum Thema Blasenentzündungen.

„Und wir sagen der Bürgerin Bescheid, die das Thema vorgeschlagen hat", ergänzt Ulrich. „Dem Bericht zufolge können Cranberry-Präparate bei wiederkehrender Blasenentzündung helfen. Die Frauen müssen nicht unbedingt Antibiotika nehmen: eine gute Nachricht.“

So, fertig? Nicht ganz!

Bestimmte wichtige Arbeitsschritte bleiben sonst oft unsichtbar - aber nicht in der IQWiG-Fotostory!

Hier prüfen Ljiljana und Silvia aus der Buchhaltung die letzte Teilrechnung, die die Autorinnen und Autoren aus Wien vertragsgemäß eingereicht haben: Alles in Ordnung.

Babette aus dem Stabsbereich Kommunikation genießt die Mittagspause, nachdem nun auch ihre Pressemitteilung mit dem Titel „Wiederkehrende Blasenentzündung: Cranberry-Präparate scheinen zu helfen“ verschickt wurde.

Und Susanne, ebenfalls aus der Kommunikation, beauftragt eine externe Übersetzerin, den Bericht ins Englische zu übertragen, damit die Ergebnisse auch international verfügbar sind - zum Beispiel in der National Library of Medicine.(Hier ein anderer HTA-Bericht, da der englische Bericht zur Blasenentzündung noch nicht veröffentlicht wurde.)

„Unter allen bisher fertiggestellten HTA-Berichten wurde dieser im ersten Halbjahr 2022 am häufigsten aufgerufen. Und die Presse hat sehr breit berichtet“, freut sich Laura.

Wir schließen die IQWiG-Fotostory mit vier Statements aus verschiedenen Perspektiven ab.

Ulrich erklärt in einem Kurzvideo, was den ThemenCheck Medizin in seinen Augen ausmacht, und hebt drei Berichte hervor – darunter den zur Blasenentzündung.

Björn Skulte aus dem vorigen Auswahlbeirat: „Das war Bürgerbeteiligung, wie sie sein soll: Bürgerinnen und Bürger aus unterschiedlichsten Lebenslagen kommen zusammen, um bei so einem wichtigen Thema mitzubestimmen. Und dank des IQWiG waren die Themen sehr verständlich.“

Portraitfoto einer Frau mit blonden halblangen Haaren und weinrotem Oberteil, die freundlich in die Kamera schaut. Sie trägt eine Kette mit bunten Perlen.

Autorin Heidi Stürzlinger (Gesundheit Österreich GmbH): „Wir schätzen die Zusammenarbeit mit dem IQWiG sehr. Es ist immer ein spannender, gut strukturierter Prozess, und es geht stets um sehr relevante Fragestellungen, gerade für den Public-Health-Bereich.“

Lutz Altenhofen, bis Ende 2022 Leiter des Ressorts Versorgung und Gesundheitsökonomie im IQWiG, zieht ein Resümee und wirft einen Blick in die Zukunft:

"Der Prozess, den wir hier am Beispiel des HTA-Berichts zur Blasenentzündung vorgestellt haben, hat sich gut eingespielt. In den letzten Monaten haben wir ihn evaluiert. Einzelheiten des Prozesses werden sich also ändern."