Stellungnahme des IQWiG zum Beschluss des Innovationsausschusses des G-BA zum Projekt MEDI-DIGITAL
Das Institut befürwortet das Projekt und wird dessen Ergebnisse für sein weiteres Engagement nutzen. Digitale Informationen sind für die deutsche Gesundheitsversorgung von Bedeutung. Das IQWiG begrüßt den Vorschlag einer einheitlichen, leicht zugänglichen Online-Plattform mit qualitativ hochwertigen, laienverständlichen Informationen.
23.10.2025
Vorbemerkungen
Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss hat im November 2024 zum Projekt „MEDI-DIGITAL - Medizinische Beschwerden vom Erstauftreten bis zur fachärztlichen Versorgung im Kontext digitaler Medien und der Arzt-Patienten-Beziehung“ (01VSF20009) den Beschluss gefasst, die Projektergebnisse und deren Katalog mit Handlungsempfehlungen an das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) als verantwortliche Institution der Internetseite gesundheitsinformation.de weiterzuleiten.
Der Ausschuss sieht für das Projekt Einschränkungen in Aussagekraft und Vergleichbarkeit mit anderen Studien. Trotzdem liefere das Projekt relevante Erkenntnisse aus Sicht der Befragten zur Inanspruchnahme und dem Einfluss digitaler Medien im Versorgungsprozess dermatologischer Patientinnen und Patienten sowie Dermatologinnen und Dermatologen. Dabei wurde eine mögliche Grundlage geschaffen, die dazu beitragen kann, künftig Strategien zur Optimierung von bedarfsgerechten digitalen Gesundheitsinformationen und -angeboten zu erarbeiten. Vor diesem Hintergrund werden die im Projekt erzielten Erkenntnisse zur Information weitergeleitet.
Neben dem IQWiG wurden laut G-BA-Beschluss die Ergebnisse weitergeleitet an:
- das Deutsche Netzwerk Gesundheitskompetenz (DNGK) e. V. als zentraler Anbieter evidenzbasierter Informationen für Patientinnen und Patienten,
- das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. als Herausgeber der „ Leitlinie evidenzbasierte Gesundheitsinformation“,
- die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) e. V. zur Information und
- den Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) e. V. zur Information.
Ergebnisse des Projekts MEDI-DIGITAL
Im Projekt wurde die Inanspruchnahme sowie der Einfluss digitaler Medien und Gesundheitsinformationen bei dermatologischen Patientinnen und Patienten auf deren „Reise“ vom ersten Auftreten von Symptomen bis zur fachärztlichen Versorgung (sog. „Patient Journey“) untersucht. Die Auswirkung digitaler Medien auf die Beziehung zwischen Patientinnen und Patienten sowie Dermatologinnen und Dermatologen wurde aus Sicht beider Gruppen analysiert. Dazu wurden (qualitativ) Interviews und (quantitativ) Querschnittsbefragungen durchgeführt.
Bei der Nutzung digitaler Medien dominierte laut Autoren die Diagnoserecherche, angetrieben durch Diskrepanzen zwischen Symptomen und ärztlicher Diagnose oder Unzufriedenheit mit der Therapie.
Die quantitative Analyse umfasste 193 Dermatologinnen und Dermatologen (Durchschnittsalter: 48,8 Jahre, weiblich: 53,9%) und 919 Patientinnen und Patienten (medianes Alter: 47,0 Jahre, weiblich: 53,6 %, Digital Media User: 56,8%). Dermatologinnen und Dermatologen sahen generell keinen Einfluss digitaler Medien auf die Arzt-Patienten-Beziehung. Patientinnen und Patienten bewerteten den Effekt der Nutzung digitaler Medien auf die Arzt-Patienten-Beziehung neutral, auf die Patient Journey positiv. Patientinnen und Patientin nutzten am häufigsten Google, aber auch verschiedene Gesundheitsplattformen und Soziale Medien. Digitale Medienwurden von beiden Gruppen weitgehend akzeptiert und können laut Analyse die dermatologische Gesundheitsversorgung verbessern. Allerdings sollte eine umfassende digitale Gesundheitskompetenz in der allgemeinen Bevölkerung gestärkt und gefestigt und die Verfügbarkeit von evidenz-basierten und vertrauenswürdige Ressourcen vorangetrieben werden. Eine einheitliche, leicht zugängliche Online-Plattform mit qualitativ hochwertigen, laienverständlichen Informationen wurde vorgeschlagen.
Gleichzeitig gelte es für Ärztinnen und Ärzte die notwenigen Rahmenbedingungen zu schaffen und Fähigkeiten für den alltäglichen Gebrauch von digitalen Medien in der Praxis zu vermitteln.
Einschätzung des IQWiG
Das Projekt bestätigt im Wesentlichen bisherige Befunde zur Bedeutung digitaler Informationen in der deutschen Gesundheitsversorgung. Es bekräftigt Analysen, die bereits die Basis waren für die Etablierung eines nationalen Gesundheitsportals, um einen leicht zugänglichen und zentralen Zugang zu evidenzbasierten Gesundheitsinformationen zu schaffen. Das IQWiG wird die Ergebnisse des Projektes für sein weiteres Engagement nutzen.
Das Institut engagiert sich zudem bereits als Quelle von ausführlichen, evidenz-basierten und vertrauenswürdigen Informationen mit einer breiten Auswahl auch von dermatologischen Themen, die es seit 2006 sukzessive erstellt hat und seitdem regelmäßig inhaltlich und redaktionell aktualisiert. Zudem bewertet das IQWiG insbesondere im Rahmen der Frühen Nutzenbewertung auch immer wieder Arzneimittel zu dermatologischen Erkrankungen und veröffentlicht kurze, allgemein verständliche Zusammenfassungen der Ergebnisse.
Der Themenkatalog umfasst an ausführlichen dermatologischen Themen unter anderem:
- Bettwanzen
- Borkenflechte (Impetigo)
- Chronische Wunden
- Druckgeschwür (Dekubitus)
- Eingewachsener Zehennagel
- Feigwarzen (Genitalwarzen)
- Filzläuse
- Furunkel und Karbunkel
- Fußpilz
- Genitalherpes
- Gerstenkorn und Hagelkorn (Augenlidentzündung)
- Gürtelrose
- Hämangiom (Blutschwämmchen)
- Hand-Fuß-Mund-Krankheit
- Hühnerauge
- Kleienpilzflechte
- Krätze (Skabies)
- Lippenherpes
- Muttermal und Leberfleck
- Nagelpilz
- Pilzinfektion der Mundhöhle (orale Candidose)
- Rosazea
- Schnittwunden
- Schuppenflechte (Psoriasis)
- Schuppenflechte mit Gelenkentzündung (Psoriasis Arthritis)
- Schwarzer Hautkrebs
- Seborrhoisches Ekzem
- Warzen
- Weißer Hautkrebs
- Wundrose und Phlegmone
Diese Informationen stehen Ärztinnen und Ärzten (nicht nur) in der Dermatologie kostenlos für die alltägliche Verwendung in Aufklärung, Beratung und Information von Patientinnen und Patienten zur Verfügung. Sie können zudem in Praxis-Webseiten und andere praxisinterne digitale Anwendungen eingebunden werden.
In begrenzter Stückzahl stellt das IQWiG auch gedruckte Versionen oder Druckvorlagen für den Selbstdruck zur Verfügung. Siehe dazu:
https://www.gesundheitsinformation.de/service/infomaterial/
Zu beachten ist, dass sich nach Ende des Projekts die Nutzung von Gesundheitsinformationen im Internet verändert hat, insbesondere weil Websuchmaschinen zu vielen Gesundheitsfragen von einer Künstlichen Intelligenz generierte Texte auf Suchergebnisseiten anbietet.
Das verstärkt die Empfehlung des Projekts zur Schaffung einer einheitlichen, leicht zugänglichen Online-Plattform mit qualitativ hochwertigen, laienverständlichen Informationen. Diese Inhalte sollten zudem direkt in die Versorgung eingebunden werden.
Das IQWiG ist gerne bereit, im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags Initiativen zu unterstützen, die Strategien zur Optimierung von bedarfsgerechten digitalen Gesundheitsinformationen und -angeboten entwickeln möchten. Voraussetzung dafür ist, dass diese Informationen evidenzbasiert sind und zentralen Qualitätsanforderungen entsprechen.
Institutionen und Initiativen können sich gerne an das Institut wenden.