01.09.2023

Lisocabtagen maraleucel in der Zweitlinie bei B-Zell-Lymphom: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene

Auf Basis der vorliegenden Daten ergibt sich ein Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen für unter 65-Jährige, bei denen eine Hochdosistherapie infrage kommt.

Lisocabtagen maraleucel ist unter anderem zugelassen zur Behandlung Erwachsener mit verschiedenen Formen des B-Zell-Lymphoms, nämlich des diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms (DLBCL), des hochmalignen B-Zell-Lymphoms (HGBL), des primär mediastinalen großzelligen B-Zell-Lymphoms (PMBCL) und des follikulären Lymphoms Grad 3B (FL3B), die innerhalb von 12 Monaten nach Abschluss der Erstlinien-Chemoimmuntherapie rezidivieren oder gegenüber dieser Therapie refraktär sind.

In einer frühen Nutzenbewertung hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nun untersucht, ob der Wirkstoff solchen Patientinnen und Patienten einen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie bietet. Dabei lassen sich zwei Gruppen von Patientinnen und Patienten unterscheiden: solche, für die eine Hochdosistherapie infrage kommt, und solche, für die dies nicht der Fall ist.

Für Betroffene, bei denen eine Hochdosistherapie nicht infrage kommt, liegen keine verwertbaren Daten vor, sodass ein Zusatznutzen hier nicht belegt ist. Für die andere Patientengruppe lassen sich dagegen Schlüsse ziehen aus Daten einer randomisierten kontrollierten Studie. Demnach gibt es für unter 65-Jährige Patientinnen und Patienten einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen von Lisocabtagen maraleucel gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Nur für eine von drei Gruppen von Betroffenen gibt es eine verwertbare Studie

Der Gemeinsame Bundesausschuss () hat zwischen drei Gruppen von Patientinnen und Patienten unterschieden und für diese je eigene Therapiealternativen festgelegt: Kommt eine Hochdosistherapie infrage, sollte der neue Wirkstoff verglichen werden mit einer Induktionstherapie mit Mesna, Ifosfamid, Mitoxantron und Etoposid (MINE), bei Ansprechen gefolgt von einer Hochdosistherapie mit autologer oder allogener Stammzelltransplantation.

Kommt eine Hochdosistherapie nicht infrage, bestand die zweckmäßige Vergleichstherapie in einer Therapie nach ärztlicher Maßgabe, bei der je nach Typ des Lymphoms unterschiedliche Wirkstoffe berücksichtigt werden sollten. Zu diesen Patientinnen und Patienten enthält das Herstellerdossier keine für eine Nutzenbewertung geeigneten Daten.

Anders sieht es bei den Betroffenen aus, die eine Hochdosistherapie erhalten können: Aus der noch laufenden Studie TRANSFORM lassen sich Schlüsse ziehen, die die Fragestellung betreffen – auch wenn die Induktionstherapie in der Studie nicht der Induktionstherapie der zweckmäßigen Vergleichstherapie entspricht, die notwendigerweise nach dem sogenannten Solisten-Urteil des Bundessozialgerichts vom 22. Februar 2023 angepasst werden musste.

Im Vergleichsarm der Studie TRANSFORM kamen vor einer Hochdosistherapie und einer autologen Stammzelltransplantation Rituximab- und platinbasierte Induktionsregime anstelle einer Induktionstherapie mit MINE zum Einsatz. Die Rituximab- und platinbasierten Regime entsprechen dabei weitgehend den Vorgaben der aktuellen S3-Leitlinie und haben sich seit langem in der klinischen Versorgungspraxis durchgesetzt. Und nichts deutet darauf hin, dass eine Induktionstherapie mit den in der Studie TRANSFORM eingesetzten Regimen weniger effektiv ist als eine Induktionstherapie mit MINE. Da die beiden anderen Komponenten der Behandlung im Vergleichsarm, Hochdosistherapie und Stammzelltransplantation, dann zudem der zweckmäßigen Vergleichstherapie entsprechen, kann die Studie TRANSFORM in dieser spezifischen Datenkonstellation für die Nutzenbewertung interpretiert werden.

Nur Jüngere profitieren vom neuen Wirkstoff

Die Aussagesicherheit der Studienergebnisse ist aufgrund dieser Diskrepanz jedoch reduziert: Es lassen sich maximal Anhaltspunkte ableiten, etwa für einen Zusatznutzen – dessen Ausmaß zudem nicht bestimmt werden kann.

Einige Effekte in der Studie TRANSFORM hängen vom Alter der Betroffenen ab. Nur bei unter 65-Jährigen zeigen sich Vorteile für Lisocabtagen maraleucel gegenüber Induktion, Hochdosistherapie und autologer Stammzelltransplantation in den Endpunkten „Gesamtüberleben“ und „Scheitern des kurativen Therapieansatzes“. Vorteile gibt es auch in einigen Nebenwirkungsendpunkten. Dem stehen, ebenfalls in der Endpunktkategorie Nebenwirkungen, einige Nachteile von Lisocabtagen maraleucel gegenüber der Vergleichsbehandlung gegenüber.

Insgesamt dominieren für Patientinnen und Patienten unter 65 Jahren die Vorteile; für ältere Betroffene überwiegen weder die positiven noch die negativen Effekte. Daher lautet das Fazit: Für Patientinnen und Patienten unter 65 Jahren mit DLBCL, HGBL, PMBCL oder FL3B, die innerhalb von 12 Monaten nach Abschluss der Erstlinien-Chemoimmuntherapie rezidivieren oder gegenüber dieser Therapie refraktär sind und für die eine Hochdosistherapie infrage kommt, gibt es einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen von Lisocabtagen maraleucel im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie. Für Ältere ist ein Zusatznutzen hingegen nicht belegt.

G‑BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G‑BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G‑BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.

Weitere Informationen des IQWiG:

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