30.05.2017
DMP Depressionen: Leitlinien decken alle wichtigen Versorgungsaspekte ab
Empfehlungen sind meist konsistent / Nur wenige Leitlinien aus Deutschland
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat am 30. Mai 2017 die Ergebnisse einer Recherche evidenzbasierter Leitlinien zur Behandlung von Menschen mit Depression vorgelegt. Demnach decken die Empfehlungen in den Leitlinien alle wichtigen Versorgungsaspekte ab, und in den meisten Fällen stimmen sie inhaltlich überein. Die Leitlinien geben allerdings selten Hinweise, welche Interventionen gegenüber anderen zu bevorzugen sind. Ein erheblicher Teil der Leitlinien stammt aus Großbritannien und den USA. Ihre Empfehlungen sind deshalb nicht umstandslos auf die deutsche Versorgung übertragbar.
Unipolare und bipolare Störungen unterschieden
Das 2014 in Kraft getretene Versorgungsstärkungsgesetz (VSG) sieht vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Disease-Management-Programme (DMP) unter anderem für die Indikation Depressionen entwickeln soll. Dem Auftrag des G-BA entsprechend hat das IQWiG alle national und international verfügbaren Leitlinien einbezogen, die spezifisch für Depressionen ausgearbeitet wurden. Die Ergebnisse seiner Analyse stellt das Institut für die unipolaren und bipolaren Störungen jeweils getrennt dar.
Empfehlungen weitgehend widerspruchsfrei
Insgesamt konnte das IQWiG 22 Leitlinien in seine Auswertung einbeziehen. Die darin enthaltenen Empfehlungen decken alle wichtigen Versorgungsaspekte ab. Und die Aussagen sind inhaltlich weitgehend konsistent. Nur in wenigen Fällen widersprechen sich die Empfehlungen, wie etwa in Hinblick auf Johanniskraut als Therapie der ersten Wahl bei unipolaren Depressionen.
Nur wenige Hinweise, welche Maßnahmen zu bevorzugen sind
Zwar gibt es eine Vielzahl von therapeutischen Maßnahmen, die die Autorinnen und Autoren der Leitlinien empfehlen. Allerdings zeigt die Auswertung des IQWiG, dass sie oft keine Hinweise geben, welche dieser Interventionen gegenüber anderen zu bevorzugen sind.
Zudem fällt auf, dass es zu wichtigen versorgungsrelevanten Fragestellungen wenige oder keine Empfehlungen für Kinder und Jugendliche gibt. Für unipolare Depressionen gilt das ebenso wie für bipolare.
Großteil der Leitlinien stammt aus Großbritannien und USA
Acht der insgesamt 22 Leitlinien stammen aus Großbritannien, vier aus den USA und nur drei aus Deutschland. Die Empfehlungen sind deshalb unter Umständen nur eingeschränkt übertragbar. Denn die Anforderungen an die strukturierten Behandlungsprogramme, die in einer DMP-Richtlinie vom G-BA formuliert werden, beschreiben unverzichtbare Eckpunkte für die Versorgung in Deutschland.
DMP für bestimmte Patientengruppen spezifizieren?
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler regen in ihrem Abschlussbericht an, das geplante DMP in zweierlei Hinsicht zu spezifizieren: Zum einen könnte es sinnvoll sein, zwischen uni- und bipolaren Krankheitsbildern zu unterscheiden.
Zum anderen könnte eine Eingrenzung auf mittelgradige und schwere Formen der Erkrankung sowie auf rezidivierende Verläufe Vorteile bieten. Zwar sind Menschen mit Depressionen in der Öffentlichkeit inzwischen etwas weniger stigmatisiert als etwa noch vor zehn oder 20 Jahren. Gerade die zahlreichen Patientinnen und Patienten mit einer leichten unipolaren Störung könnten aber davor zurückschrecken, sich in ein DMP einzuschreiben, vor allem aus Sorge, durch ein „Label“ Depression Nachteile zu erfahren.
Zum Ablauf der Berichterstellung
Die vorläufigen Ergebnisse, den sogenannten Vorbericht, hatte das IQWiG im Oktober 2016 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach dem Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Vorbericht überarbeitet und als Abschlussbericht im April 2017 an den Auftraggeber versandt. Die eingereichten schriftlichen Stellungnahmen werden in einem eigenen Dokument zeitgleich mit dem Abschlussbericht publiziert. Der Bericht wurde gemeinsam mit externen Sachverständigen erstellt.