09.01.2017
Messung der fraktionellen Flussreserve bietet bestimmten KHK-Patienten Vorteil
Höherer Nutzen vor geplanter PCI, nicht aber bei stabiler KHK
Ob die Messung der myokardialen fraktionellen Flussreserve (FFR) bei Patientinnen und Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit (KHK) zu einer angemessenen Entscheidung für oder gegen ein Aufweiten der Herzkranzgefäße beitragen kann, war Gegenstand einer Untersuchung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Die endgültigen Ergebnisse liegen nun vor. Demnach bietet der neue Funktionstest Patientinnen und Patienten Vorteile, bei denen eine Gefäßerweiterung mittels perkutaner koronarer Intervention (PCI) vorgesehen ist. Bei einer stabilen KHK ist das dagegen nicht der Fall.
Je niedriger der FFR-Wert, desto stärker ist das Gefäß verengt
Die FFR wird während einer Koronarangiografie, also einer Herzkatheteruntersuchung gemessen, indem ein Druckmessdraht in das verengte Gefäß eingeführt wird. Das Messergebnis, die Blutflussreserve, soll eine Aussage darüber ermöglichen, ob die Verengung relevant ist und das Gefäß durch einen Eingriff, eine sogenannte Revaskularisation, geweitet werden muss. Je niedriger der FFR-Wert, desto geringer ist die Blutflussreserve und desto weniger ist das Herzmuskelgewebe durchblutet.
Zwei Fragestellungen untersucht
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte das Institut beauftragt, den Nutzen der FFR für zwei Fragestellungen getrennt zu untersuchen: Bei einem Teil der Patientinnen und Patienten mit einer KHK wäre gemäß der herkömmlichen Diagnostik eine Gefäßerweiterung mittels PCI angezeigt. Dabei wird die Engstelle des Gefäßes mittels eines Ballons (Ballondilatation) gedehnt und gegebenenfalls anschließend eine Gefäßstütze (Stent) eingesetzt. In dieser Patientengruppe geht es um die Frage, ob mittels FFR eine PCI vermieden werden kann.
Bei einer stabilen KHK wäre gemäß herkömmlicher Diagnostik keine PCI angezeigt. Hier stellt sich umgekehrt die Frage, ob die FFR Patientinnen und Patienten identifizieren kann, bei denen die Durchblutung so vermindert ist, dass eine Revaskularisation doch medizinisch notwendig ist.
Ergebnisse von neun RCT einbezogen
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchten nach Studien, die – für die jeweilige Patientengruppe – eine FFR-geleitete Therapieentscheidung mit einer FFR-unabhängigen verglichen, und zwar jeweils in Hinblick auf patientenrelevante Endpunkte wie die Sterblichkeit, das Auftreten von Herzinfarkten und Komplikationen, die Notwendigkeit von Klinikaufenthalten oder die Lebensqualität. Sie identifizierten insgesamt neun randomisierte kontrollierte Studien (RCT), deren Ergebnisse sie in die Bewertung einbeziehen konnten.
Herzinfarkte mit FFR seltener
Wie die Daten aus fünf Studien zu Patientinnen und Patienten mit einer Indikation für eine PCI zeigen, treten Herzinfarkte seltener auf, wenn die Therapieentscheidung auf Basis einer FFR getroffen wurde. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schätzen die Aussagesicherheit hier als hoch ein und sehen einen Beleg für einen Nutzen der FFR.
Für den kombinierten Endpunkt Tod oder Herzinfarkt leiten sie aus den Daten einen Hinweis für einen Nutzen ab.
Keinen Anhaltspunkt für einen Nutzen oder Schaden sehen sie dagegen für die Endpunkte Sterblichkeit (Gesamtmortalität), kardiale Mortalität, kardialer Tod oder Myokardinfarkt, erneute koronare Revaskularisation, Angina Pectoris, Herzinsuffizienz und unerwünschte Ereignisse. Für die Zielkriterien Herzrhythmusstörungen, gesundheitsbezogene Lebensqualität und Notwendigkeit weiterer Klinikaufenthalte waren keine Daten verfügbar.
Stabile KHK: Weder Anhaltspunkt für Nutzen noch für Schaden
Anders lautet das Fazit bei der zweiten Patientengruppe mit stabiler KHK, also Patientinnen und Patienten, bei denen auf Basis der konventionellen Diagnostik keine PCI vorgesehen ist: Hier zeigen die Daten entweder keine relevanten Unterschiede (Gesamtmortalität, kardiale Mortalität, Tod oder Myokardinfarkt, kardialer Tod oder Myokardinfarkt, Myokardinfarkt, Angina Pectoris, unerwünschte Ereignisse), oder sie sind nicht interpretierbar (erneute koronare Revaskularisation), oder es gibt gar keine Daten (Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, gesundheitsbezogene Lebensqualität, erneute Hospitalisierung).
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Die vorläufigen Ergebnisse, den sogenannten Vorbericht, hatte das IQWiG im August 2016 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach dem Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Vorbericht überarbeitet und als Abschlussbericht im November 2016 an den Auftraggeber versandt. Die eingereichten schriftlichen Stellungnahmen werden in einem eigenen Dokument zeitgleich mit dem Abschlussbericht publiziert. Der Bericht wurde gemeinsam mit externen Sachverständigen erstellt.