13.03.2017
MRT-gesteuerte hochfokussierte Ultraschalltherapie bei Uterusmyomen hat Potenzial
17 Potenzialbewertungen abgeschlossen / Verwaltungsverfahren ist wenig transparent
Erstmals seit Inkrafttreten des Gesetzes 2012 kann das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) eine Bewertung des Potenzials einer neuen Behandlungsmethode nach § 137e des Sozialgesetzbuchs – Fünftes Buch (SGB V) veröffentlichen. Thema der Potenzialbewertung ist die magnetresonanzgesteuerte hochfokussierte Ultraschalltherapie zur Behandlung des Uterusmyoms.
Gutartige Gewebeknoten in der Gebärmutter gehen oft mit Schmerzen oder Krämpfen und verstärkten Monatsblutungen einher. Sie werden herkömmlich durch Arterienembolisation oder durch operative Entfernung der Myome (Myomektomie) oder der Gebärmutter (Hysterektomie) behandelt. Sie können aber auch durch einen genau auf das jeweilige Myom fokussierten Ultraschallimpuls erhitzt und so zerstört werden. Dabei wird die Fokussierung durch Magnetresonanztomografie überwacht.
Diese neue Methode hat im Vergleich zu anderen Interventionen das Potenzial, die Krankenhausverweildauer zu verringern und die Rückkehr zu normalen Aktivitäten zu beschleunigen. Eine Erprobungsstudie zur Gewinnung der notwendigen Erkenntnisse für eine Nutzenbewertung ist laut IQWiG möglich.
Gleichartige Anträge – identische Potenzialbewertungen
Die sogenannte Erprobungsregelung (§ 137e SBG V) wurde mit dem Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) 2012 eingeführt: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) kann Richtlinien zur Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beschließen, deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, die aber „das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative“ erkennen lassen. Damit hat der G-BA Gelegenheit, klinische Studien anzustoßen und so die Evidenzlage zu verbessern.
Im April 2014 erteilte der G-BA dem IQWiG zwei Aufträge, in denen es um dieselbe Methode ging, deren Potenzial gleich zwei Antragsteller bewertet wissen wollten. In seinen inhaltlich identischen Potenzialbewertungen E14-04 und E14-05 konnte das Institut aus den eingereichten Unterlagen zunächst kein Potenzial ableiten: Mangels vergleichender Studiendaten war nicht zu erkennen, ob die neue Methode womöglich wegen einer geringeren Invasivität Vorteile für die Patientinnen mit sich bringt und ob sie überhaupt wirksamer ist als ein Placebo oder der Verzicht auf eine Behandlung.
Bewertungsprozess über fast drei Jahre
Im Dezember 2014 übermittelte der G-BA dem Institut im Rahmen eines weiteren Auftrags neue Informationen. Auf dieser Grundlage sprach das IQWiG im Addendum E14-14 der Methode ein Potenzial zu und skizzierte die Eckpunkte und Erfolgsaussichten einer Erprobungsstudie. Daraufhin erteilte der G-BA dem Institut im Juni 2015 den Auftrag zu prüfen, ob weitere, in den Unterlagen nicht genannte Studien laufen oder bereits abgeschlossen sind, die eine Erprobungsstudie obsolet machen würden. Das ist dem Addendum E15-02 zufolge nicht der Fall.
Auf der Grundlage dieser vier Bewertungen hat der G-BA im Dezember 2016 eine Erprobungsrichtlinie beschlossen, sodass nunmehr die Weichen für eine Erprobungsstudie zur magnetresonanzgesteuerten hochfokussierten Ultraschalltherapie zur Behandlung des Uterusmyoms gestellt sind. Sie soll insbesondere klären, ob die Methode klinisch wirksam ist und ob sie den Patientinnen hinsichtlich Invasivität und Fertilität Vorteile bietet.
Am 8. März 2017 schließlich erschien der G-BA-Beschluss im Bundesanzeiger. Erst danach konnte das IQWiG die zugehörigen Potenzialbewertungen und Addenda veröffentlichen.
Die meisten Potenzialbewertungen werden nicht veröffentlicht
Das IQWiG hat bislang 17 Potenzialbewertungen neuer Methoden gemäß § 137e SGB V durchgeführt. Öffentlich bekannt sind nur diejenigen Methoden, für die der G-BA Beratungsverfahren zur Erstellung von Erprobungsrichtlinien eingeleitet hat. Von den Berichten des IQWiG sind 15 bislang unveröffentlicht. „Das passt nicht so recht zu den Prinzipien des Instituts“, kommentiert IQWiG-Leiter Jürgen Windeler diese Besonderheit. „Transparenz in Sachen Arbeitsmethoden, -abläufe und -ergebnisse ist im IQWiG oberstes Gebot: Zum guten wissenschaftlichen Arbeiten gehört, dass andere unser Tun nachvollziehen und kritisch überprüfen können.“
„Unsere Potenzialbewertungen sind aber Teil eines Verwaltungsverfahrens unter Federführung des G-BA und dürfen damit sogar innerhalb des Instituts nur den unmittelbar Beteiligten bekannt werden. Veröffentlichen dürfen wir sie nur dann, wenn der G-BA eine Erprobungsrichtlinie beschließt“, erläutert Jürgen Windeler.
Gründe für Nichtzustandekommen bleiben im Dunkeln
„Selbst wenn das IQWiG zum Schluss käme, dass eine Methode den Patientinnen und Patienten erheblichen Schaden zufügen kann, dürften wir unseren Bericht nicht veröffentlichen. Für die Öffentlichkeit bleibt auf jeden Fall unklar, welche Methoden wir im Zuge des § 137e untersucht haben und warum es nicht zu einer Erprobungsstudie gekommen ist – weil wir der Methode kein Potenzial zugesprochen haben oder weil bereits Studien laufen, die Aufschluss über den Nutzen geben können oder weil die Antragsteller nicht bereit waren, sich an den Kosten zu beteiligen“, sagt der IQWiG-Leiter.
Die Bereitschaft zur Kostenübernahme bei der Erprobungsstudie ist nämlich gemäß § 137e eine weitere Voraussetzung für eine Erprobungsrichtlinie des G-BA. Sie liegt aber nicht immer im kommerziellen Interesse der Anbieter, und so bleibt manche potenziell nützliche Methode unerprobt.