04.10.2016

Sitagliptin und Sitagliptin/Metformin bei Typ-2-Diabetes: Zusatznutzen gegenüber Sulfonylharnstoff plus Metformin

Für andere Fragestellungen ist ein Zusatznutzen nicht belegt

Sitagliptin (Handelsnamen Januvia und Xelevia) ist für bestimmte Erwachsene mit Diabetes mellitus vom Typ 2 zugelassen, bei denen Ernährungsumstellung und Bewegung einen erhöhten Blutzuckerspiegel allein nicht ausreichend senken. Die Fixkombination mit Metformin ist unter den Namen Janumet und Velmetia im Handel. Sowohl das Monopräparat als auch die Fixkombination haben bereits 2013 frühe Nutzenbewertungen durchlaufen, die mit befristeten Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) endeten. Die Fristen verlängerte der 2015 um ein Jahr.

Wie in der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung vorgesehen, hat der Hersteller nach Fristende nun neue Dossiers eingereicht. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat daher erneut untersucht, ob der Wirkstoff für die Patientinnen und Patienten Vorteile oder Nachteile gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien hat. Das Fazit: Für die freie und die fixe Kombination von Sitagliptin und Metformin gibt es Anhaltspunkte für einen teils nicht quantifizierbaren, teils beträchtlichen gegenüber Sulfonylharnstoffen. Für alle anderen Anwendungen ist ein nicht belegt.

Zahlreiche Fragestellungen

Sitagliptin kann mit Metformin und je nach Indikation mit weiteren Wirkstoffen kombiniert werden, insbesondere mit Insulin und Sulfonylharnstoffen. Der hat daher für das Monopräparat fünf und für die Fixkombination drei Fragestellungen unterschieden und zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt, die aus Sulfonylharnstoffen, Metformin, Humaninsulin und Kombinationen dieser Wirkstoffe bestehen.

Sitagliptin-Monotherapie: Zusatznutzen nicht belegt

Zur Frage, ob Sitagliptin allein gegenüber den Sulfonylharnstoffen Glibenclamid oder Glimepirid einen hat, reichte der Hersteller dieselben ungeeigneten Daten ein wie schon in der Erstbewertung: Da in der Studie P251 die Zulassungsbedingungen für eine Monotherapie mit Sitagliptin nicht erfüllt waren, nämlich eine Metformin-Unverträglichkeit oder -Kontraindikation, ist ein nicht belegt.

Zum Vergleich zwischen Sitagliptin und dem Sulfonylharnstoff Glipizid liegen ebenfalls dieselben Daten vor wie bei der Erstbewertung. Allerdings hat sich seither die Kontraindikation für Metformin so geändert, dass der Kreis der Patienten, für die eine Sitagliptin-Monotherapie infrage kommt, geschrumpft ist. Der Hersteller hat hierfür aber keine neuen Auswertungen vorgelegt. Da die Daten nicht interpretierbar sind, ist ein von Sitagliptin auch gegenüber dieser zweiten Vergleichstherapie nicht belegt.

Auch mit Sulfonylharnstoff oder Insulin Zusatznutzen nicht belegt

Da der Hersteller keine entsprechende Studie identifiziert, ist auch für Sitagliptin plus Sulfonylharnstoff und Sitagliptin/Metformin (frei oder fest kombiniert) plus Sulfonylharnstoff kein belegt. Für die Kombination von Sitagliptin oder Sitagliptin plus Metformin mit Insulin liegen Daten aus der Studie P260 vor. In dieser Studie wurde die Insulintherapie im Vergleichsarm nicht sinnvoll eskaliert, obwohl sie zuvor unzureichend war. Daher sind auch diese Ergebnisse nicht interpretierbar; ein der Kombination von Sitagliptin und Sitagliptin/Metformin mit Insulin ist somit nicht belegt.

Sitagliptin plus Metformin: Anhaltspunkte für Zusatznutzen

Als zweckmäßige Vergleichstherapie zu einer freien oder fixen Kombination von Sitagliptin und Metformin hat der Sulfonylharnstoff plus Metformin benannt. Dabei sollte neben Studien mit Glibenclamid und Glimepirid in einer zweiten Fragestellung auch Studien mit Glipizid betrachtet werden.

Für die erste Fragestellung sind vor allem die Daten aus der randomisierten kontrollierten Studie HARMONY3 von Bedeutung, in deren Vergleichsarm die Patientinnen und Patienten neben Metformin Glimepirid erhielten. In der Endpunktkategorie Nebenwirkungen zeigte sich bei den symptomatischen Hypoglykämien ein Anhaltspunkt für einen positiven von Sitagliptin plus Metformin gegenüber Glimepirid plus Metformin. Das Ausmaß dieses Zusatznutzens lässt sich nicht quantifizieren; es ist höchstens beträchtlich.

Für die zweite Fragestellung reichte der Hersteller wie in seinen früheren Dossiers Daten aus der Studie P024 ein, aus denen sich erneut bei mehreren Endpunkten ein Anhaltspunkt für einen gegenüber Glipizid plus Metformin ergab. Für Männer hat dieser Anhaltspunkt das Ausmaß beträchtlich, für Frauen ist er nicht quantifizierbar. Er gilt jeweils nur für Patientinnen und Patienten, bei denen eine normnahe Blutzuckereinstellung angestrebt wird.

Studie TECOS ermöglicht keine Aussagen zu den Fragestellungen des G-BA

Zusätzlich legte der Hersteller Ergebnisse zur Gesamtpopulation der Studie TECOS vor. In dieser randomisierten kontrollierten Studie wurden kardiovaskuläre Endpunkte von Patienten mit Typ-2-Diabetes und vaskulärer Vorerkrankung untersucht. Dabei wurde eine Kombination aus Sitagliptin und der bestehenden antidiabetischen Therapie mit einer antidiabetischen „Standardtherapie“ verglichen.

Aus der Studie lassen sich aus mehreren Gründen keine Aussagen für die Fragestellungen in den beiden Dossierbewertungen ableiten. So fehlen die notwendigen Vergleiche mit der zweckmäßigen Vergleichstherapie des . Man kann nicht von einheitlichen Versorgungsstandards in den zahlreichen an der Studie beteiligten Ländern ausgehen, sodass die Ergebnisse nicht einfach auf den deutschen Versorgungskontext übertragen werden können sind. Die Einschlusskriterien deuten zudem darauf hin, dass die Studie größtenteils außerhalb der Zulassung von Sitagliptin durchgeführt wurde. Die Ergebnisse wecken insgesamt Zweifel, ob die Therapien von Teilnehmern mit unzureichender Blutzucker- und Blutdruckkontrolle im Studienverlauf hinreichend eskaliert wurden.

Insgesamt zeigt die Auswertung der TECOS-Studie gegenüber einer antidiabetischen „Standardtherapie“ einen Vorteil beim „Hospitalisierungen aufgrund von Hyperglykämien“ und einen Nachteil von Sitagliptin beim Retinopathien. Hinsichtlich der Gesamtmortalität und der kardiovaskulären und sind keine Vor- oder Nachteile zu erkennen; für mehrere andere Endpunkte sind keine Aussagen möglich.

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertungen des IQWiG geben folgende Kurzfassungen. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.

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