01.04.2016
HIV-positive Kinder und Jugendliche: Zusatznutzen von Rilpivirin nicht belegt
Hersteller legt nur Daten aus einarmiger Studie vor und führt auch keinen indirekten Vergleich durch
Der Wirkstoff Rilpivirin ist als Monopräparat unter dem Handelsnamen Edurant bereits seit 2011 für Erwachsene zugelassen, die mit dem Humanen Immundefizienz-Virus Typ 1 (HIV-1) infiziert sind. Seit November 2015 dürfen auch HIV-1-infizierte Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren mit Rilpivirin behandelt werden, sofern sie noch keine andere antiretrovirale Therapie erhalten haben und ihr Blut pro Milliliter höchstens 100 000 Kopien der viralen RNA enthält (sogenannte Viruslast).
In einer frühen Nutzenbewertung hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nun untersucht, ob der Wirkstoff für diese Patientinnen und Patienten einen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie hat, nämlich gegenüber dem Wirkstoff Efavirenz in Kombination mit Abacavir plus Lamivudin. Ein solcher Zusatznutzen von Rilpivirin ist demnach nicht belegt.
Daten aus einarmiger Studie ungeeignet
Der Hersteller hat in seinem Dossier lediglich Daten aus einer einarmigen Rilpivirin-Studie vorgelegt. Aus einarmigen Studien lassen sich nur in Ausnahmefällen Aussagen zum Zusatznutzen eines Wirkstoffs ableiten, und zwar bei sogenannten dramatischen Effekten – also wenn die Effekte bezüglich patientenrelevanter Endpunkte so groß sind, dass sie nicht ausschließlich auf einer systematischen Verzerrung beruhen können. Außerdem sind weitere ausreichend sichere Daten aus anderen Quellen notwendig, aus denen sich für dieselben Endpunkte Aussagen zur zweckmäßigen Vergleichstherapie ableiten lassen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Hersteller strebte auch keinen indirekten Vergleich an
Eine Suche nach Studien für die zweckmäßige Vergleichstherapie führte der Hersteller nicht durch; einen indirekten Vergleich plante er nicht. Dennoch beansprucht er einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen für seinen Wirkstoff. Dem schließt sich das IQWiG nicht an: Ein Zusatznutzen des Wirkstoffs gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie ist für HIV-1-positive Kinder und Jugendliche nicht belegt.
G -BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der Gemeinsame Bundesausschuss (G -BA) verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G- BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.
Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.