07.07.2015

Vorbericht zu medikamentenfreisetzenden AK- Stents bei koronarer Herzkrankheit erschienen

Patientenrelevanter Nutzen von medikamentenbeschichteten AK-Stents bleibt unklar / Datenlage bei den meisten Endpunkten unzureichend

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht derzeit den von antikörperbeschichteten, medikamentenfreisetzenden Stents im Vergleich zu anderen Behandlungsoptionen bei Patienten, bei denen aufgrund einer koronaren Herzerkrankung (KHK) eine Stent-Implantation indiziert ist. Die vorläufigen Ergebnisse hat das Institut am 07. Juli 2015 veröffentlicht.

Demnach ist der oder Schaden einer Behandlung mit der Implantation eines antikörperbeschichteten medikamentenfreisetzenden Stents (AK-DES) im Vergleich zu medikamentenfreisetzenden Stents (DES) unklar: In Bezug auf Aussagen zu  patientenrelevanten Endpunkten waren die Studien zu klein, außerdem war die Datenlage für die meisten Endpunkte unzureichend. Studienvergleiche mit anderen Behandlungsoptionen als DES ließen sich nicht identifizieren.

Bis zum 4. August 2015 können interessierte Personen und Institutionen schriftliche Stellungnahmen zu diesem abgeben.

Hinweise auf Nachteile bei reinen AK-Stents

Wenn verengte oder geschlossene Herzkranzgefäße erweitert oder geöffnet werden müssen, wird dabei in der Regel auch eine Gefäßstütze (Stent), zurzeit meist ein medikamentenbeschichteter Stent (DES) eingesetzt. Um ein schnelleres Einheilen des Stents in die Gefäßwand zu erreichen, wurde ein Stent mit speziellen Antikörpern beschichtet (AK-Stent): An diese Antikörper sollen sich die Antigene von im Blut zirkulierenden Endothelzellen binden, um schneller ein Endothel auf den Stent-Streben auszubilden.

Eine frühere Studie mit Patientinnen und Patienten, die ein hohes  für erneute Gefäßverengungen (Restenosen) hatten, lieferte Hinweise, dass AK-Stents einen geringeren haben als DES. Zu diesem Ergebnis kam ein , den das IQWiG im Oktober 2012 veröffentlicht hatte. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschloss daraufhin im März 2013, dass die Implantation von antikörperbeschichteten Stents bei Patienten mit hohem Restenose-Risiko, bei denen ein DES-Einsatz in Betracht kommt, nicht mehr durch die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) erstattet wird.

Zwei Studien zum medikamentenbeschichteten AK-Stent

Eine neue Stent-Generation (AK-DES) kombiniert jetzt die Beschichtung mit Medikamenten und Antikörpern: Der zurzeit einzige auf dem europäischen Markt verfügbare medikamentenbeschichtete AK-DES (Handelsname Combo) ist auf seiner Außenseite zur Gefäßwand hin (abluminal) mit einem Immunsupressivum (Sirolimus) beschichtet. Die Innenseite zum Gefäßinnenraum hin (luminal) trägt eine Beschichtung mit Antikörpern gegen das Antigen CD34 auf Endothelzellen, um deren Anwachsen auf den Stent-Streben zu fördern. Dadurch soll sich auch die Behandlungsdauer mit Blutverdünnern verkürzen lassen, ohne aber das einer Restenose oder einer Gerinnselbildung (Thrombose) zu erhöhen.

Für die aktuelle Nutzenbewertung ließen sich die Ergebnisse von zwei Studien (REMEDEE und REMEDEE OCT) heranziehen. Beide waren multizentrische, randomisierte und kontrollierte Studien (RCT), die die Verwendung von AK-DES und DES bei Patientinnen und Patienten mit Koronarstenosen verglichen: In der Studie REMEDEE erhielten 124 Patienten einen AK-DES und 59 einen DES; in REMEDEE OCT wurde bei 29 Patienten ein AK-DES eingesetzt und bei 31 Patienten ein DES. Untersucht wurde das Einwachsen von AK-DES im Vergleich zu DES, jeweils gemessen an der Veränderung des Gefäßdurchmessers.

Keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen

Zu den patientenrelevanten Endpunkten Gesamtmortalität, kardiale , Myokardinfarkt, akuter CABG (koronare Bypasschirurgie), Gesamtrate schwerwiegender unerwünschter Ereignisse (SAE), Gefäßkomplikationen, zerebrovaskuläre Ereignisse und Blutungsereignisse ließen sich zwar Daten aus beiden Studien auswerten: Die Ergebnisse für Patientinnen und Patienten, die mit AK-DES behandelt wurden, unterscheiden sich für keinen der oben genannten Endpunkte statistisch signifikant von denen der Kontrollgruppe. Allerdings waren die Studien für verlässliche Aussagen zu diesen Endpunkten zu klein. Deshalb lässt sich aus den verfügbaren Ergebnissen kein Anhaltspunkt für einen oder Schaden des AK-DES gegenüber DES ableiten.

Verwertbare Daten zu patientenrelevanten Endpunkten fehlen

Zu den patientenrelevanten Endpunkten Angina pectoris, Krankenhausaufenthalte, gesundheitsbezogene Lebensqualität, Abhängigkeit von Fremdhilfe oder Pflegebedürftigkeit sowie körperliche Belastbarkeit, Bewältigung von Alltagsaktivitäten und Arbeitsfähigkeit waren keine Daten für entsprechende Auswertungen verfügbar. Wie häufig bei Studien zu Beginn der klinischen Entwicklung waren auch REMEDEE und REMEDEE OCT nicht darauf ausgerichtet, einen patientenrelevanten des AK-DES gegenüber einer anderen Behandlungsoption zu zeigen. Überdies wird der AK-DES in den beiden Studien mit verschiedenen DES-Typen und damit unterschiedlicher Medikamentenbeschichtung verglichen. Deshalb ist unklar, welchen Anteil die AK-Beschichtung tatsächlich an den Studienergebnissen hat.

Patientenrelevanter Nutzen muss Studienziel sein

Zurzeit laufen noch zwei RCTs, die den Einsatz von AK-DES untersuchen: In der Studie HARMONEE soll AK-DES mit aktuellen DES der zweiten Generation (Everolimus-eluting Stents) bei Patienten mit myokardialer Ischämie verglichen werden (geplante Fallzahl: 572). Die Studie REDUCE soll die Dauer der dualen Antiplättchentherapie (drei oder zwölf Monate) bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom (AKS) nach Implantation eines AK-DESuntersuchen (geplante Fallzahl: 1500).

„Ein patientenrelevanter lässt sich am besten aus Studien ableiten, die dieses Ziel bei der Studienplanung auch berücksichtigen und möglichst den aktuellen Versorgungsstandard abbilden“, kommentiert Stefan Sauerland, Leiter des Ressorts Nichtmedikamentöse Verfahren beim IQWiG. „Ob die Ergebnisse der beiden aktuell laufenden RCTs, HARMONEE und REDUCE, geeignet sind, zur Nutzenbewertung beizutragen, lässt sich erst bei Vorliegen der Daten abschließend beurteilen. Wann das sein wird, ist derzeit noch offen.“

Zum Ablauf der Berichtserstellung

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im Oktober 2013 das IQWiG mit der Bewertung antikörperbeschichteter, medikamentenfreisetzender Stents zur Behandlung von Koronargefäßstenosen bei Patienten beauftragt, bei denen aufgrund einer koronaren Herzerkrankung eine Stent-Implantation indiziert ist. Den vorläufigen für dieses Projekt hatte das IQWiG im Januar 2014 vorgelegt und um Stellungnahmen gebeten. Diese wurden zusammen mit einer Würdigung und dem überarbeiteten im Juli 2014 publiziert. Stellungnahmen zu dem jetzt veröffentlichten werden nach Ablauf der Frist gesichtet. Sofern sie Fragen offen lassen, werden die Stellungnehmenden zu einer mündlichen Erörterung eingeladen.

Einen Überblick über Hintergrund, Vorgehensweise und weitere Ergebnisse des Vorberichts gibt eine Kurzfassung.

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