17.06.2015
Sehscreening im Vorschulalter: Nutzen und Schaden weiterhin unklar
Keine neuen Screeningstudien identifiziert
Es bleibt unklar, ob nach einer speziellen augenärztlichen Untersuchung aller Kinder unter sechs Jahren (und ggf. Anschlussbehandlungen) die Häufigkeit und der Schweregrad von Sehschwächen (Amblyopie) in der Bevölkerung abnehmen würden. Bei einer Aktualisierungsrecherche zur Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) von 2008 wurde keine neue Screeningstudie identifiziert. Aus der einzigen neuen Behandlungsstudie ließ sich kein Nutzen eines Sehscreenings im Vorschulalter ableiten. Zu diesem Ergebnis kommt ein am 17. Juni 2015 veröffentlichter Rapid Report, den das IQWiG im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) erstellt hat.
Neue Behandlungsstudie untersucht Akupunktur
Da sich keine neue Screeningstudie identifizieren ließ, recherchierte das IQWiG zusätzlich nach Behandlungsstudien, die eine frühere Behandlung mit einer späteren Behandlung von Kindern vergleichen. In der einzigen neuen Behandlungsstudie seit 2008, die verwertbare Daten lieferte, wurde eine frühere Akupunktur-Behandlung von Amblyopie bei Kindern mit einer späteren Akupunktur-Behandlung verglichen, jeweils in Kombination mit einer Okklusionsbehandlung (Abdecken eines Auges bei unterschiedlicher Sehkraft).
Aus den Studienergebnissen konnte jedoch kein patientenrelevanter Nutzen beziehungsweise Schaden einer früheren Behandlung im Vergleich zu einer späteren nachgewiesen werden. Damit erübrigten sich Recherchen nach Studien zur diagnostischen Güte. Denn deren Bewertung wäre nur sinnvoll, wenn sich ein Nutzen durch eine frühere Behandlung gezeigt hätte.
Keine neuen Studien – keine Nachweise für Nutzen
Die wenigen bislang verfügbaren Studien lassen somit weiterhin keine belastbaren Aussagen zum Nutzen eines Sehscreenings im Vorschulalter zu, und ein möglicher Schaden wurde kaum untersucht. Da keine laufenden Screeningstudien identifiziert werden konnten, sind in absehbarer Zeit auch keine aussagekräftigen neueren Ergebnisse zu erwarten.
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Der G-BA hatte das IQWiG beauftragt, den Bericht in einem beschleunigten Verfahren als sogenannten Rapid Report zu erarbeiten. Im Unterschied zum sonst üblichen Prozedere werden hier keine Vorberichte veröffentlicht. Zwar wird eine Vorversion des Berichts extern begutachtet, es entfällt aber die Anhörung, bei der alle Interessierten Stellungnahmen abgeben können.
Die erste Nutzenbewertung hatte das IQWiG im April 2008 an den Auftraggeber versandt und im Juni 2008 publiziert. Im Oktober 2014 hatte der G-BA das IQWiG beauftragt, seinen Bericht zu aktualisieren und dabei dieselbe Methodik zugrunde zu legen. Der vorliegende Rapid Report wurde im Mai 2015 an den G-BA geschickt.
Einen Überblick über Hintergrund, Vorgehensweise und weitere Ergebnisse des Berichts gibt folgende Kurzfassung.