20.02.2014
Enzalutamid: IQWiG bewertet nachgereichte Herstellerdaten
Nun Hinweis bzw. Anhaltspunkt für erheblichen Zusatznutzen für Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs
Enzalutamid (Handelsname Xtandi) ist seit Juni 2013 für Männer mit metastasiertem Prostatakrebs zugelassen, bei denen die übliche Hormonblockade nicht mehr wirkt und die bereits mit dem Zytostatikum Docetaxel behandelt wurden. Im November 2013 hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Rahmen einer frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) dem neuen Wirkstoff einen Zusatznutzen gegenüber der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegten zweckmäßigen Vergleichstherapie attestiert.
Wegen unzureichender Daten blieb es jedoch bei einem Anhaltspunkt, der zudem bei Patienten mit viszeralen Metastasen, also Absiedlungen an inneren Organen, nur das Ausmaß „beträchtlich“ erreichte. Auf der Basis von Daten, die der Hersteller im Stellungnahmeverfahren beim G-BA nachgereicht hat, kommt das Institut nun in einem Addendum zu einem anderen Ergebnis: In der Patientengruppe ohne viszerale Metastasen gibt es einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen. Bei Patienten mit viszeralen Metastasen liegt ein Anhaltspunkt für einen erheblichen Zusatznutzen vor.
Schmerztherapie adäquat umgesetzt
Metastasierter Prostatakrebs ist nicht heilbar; eine Therapie kann aber beispielsweise die Beschwerden lindern. Eine solche palliative Therapie, die an die individuellen Bedürfnisse der Patienten angepasst ist, wird als „Best Supportive Care“ (BSC) bezeichnet. Der Nutzenbewertung lagen Daten aus der Zulassungsstudie AFFIRM zugrunde, in der Enzalutamid mit BSC gegen BSC allein getestet wurde. Unklar blieb zunächst, ob die Patienten in der Studie durchgehend eine adäquate Schmerzbehandlung erhielten und damit die Kriterien für BSC erfüllt waren.
Wegen dieser Unsicherheit ließen sich aus dem Herstellerdossier höchstens Anhaltspunkte ableiten. Die im Dezember 2013 nachgereichten Studiendaten beheben dieses Manko: Der Hersteller konnte zeigen, dass die Schmerztherapie durchgängig individuell optimiert, die zweckmäßige Vergleichstherapie also korrekt umgesetzt wurde. Für die Gruppe der Patienten ohne viszerale Metastasen ergibt sich damit anstelle eines Anhaltspunkts ein Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen des neuen Wirkstoffs gegenüber BSC.
Zusatznutzen bei Nebenwirkungen nun quantifizierbar
Für Patienten mit viszeralen Metastasen ließ sich aus den ursprünglichen Studiendaten kein signifikanter Zugewinn an Überlebenszeit ableiten, wohl aber ein Vorteil bei der Morbidität. Das Ausmaß des Zusatznutzens für diese Patientengruppe war auf Basis dieser Daten allerdings nicht erheblich, sondern nur beträchtlich.
Im ursprünglichen Dossier waren die Angaben zu den Nebenwirkungen nicht bewertbar. Die nachgereichten Unterlagen ermöglichen jetzt eine Beschreibung der Unterschiede in den Nebenwirkungen der Therapiealternativen. Daraus ergibt sich ein erheblicher Vorteil von Enzalutamid gegenüber BSC bei den schwerwiegenden und schweren unerwünschten Ereignissen bei Patienten mit und ohne viszerale Metastasen. So mussten beispielsweise starke Schmerzmittel, die häufig mit schweren Nebenwirkungen einhergehen, weniger oft eingesetzt werden als bei reiner BSC.
Damit erhöht sich auch das Ausmaß des Zusatznutzens für Patienten ohne viszerale Metastasen auf erheblich.
Zusatznutzen hochgestuft
In der Gesamtschau ergibt sich für Patienten ohne Absiedlungen an inneren Organen aufgrund der verbesserten Aussagesicherheit bei der Umsetzung der Vergleichstherapie ein Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen des neuen Wirkstoffs. Für Patienten mit viszeralen Metastasen stellt das Institut nun wegen quantifizierbarer Angaben zu den Nebenwirkungen einen Anhaltspunkt für einen höheren, nämlich ebenfalls erheblichen Zusatznutzen fest.
G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung, das der G-BA leitet. Nach der Publikation des Herstellerdossiers und der IQWiG-Dossierbewertung führte der G-BA Stellungnahmeverfahren durch. Dabei reichten die Hersteller ergänzende Informationen nach. Der G-BA beauftragte daraufhin das IQWiG mit der Bewertung der nachgereichten Daten.
Ergibt sich im Zuge der Beratungen zu einem Auftrag des G-BA zusätzlicher Bearbeitungsbedarf, legt das IQWiG seinen Bericht in Form eines Addendums vor. Das Addendum zu Enzalutamid hat das Institut am 30. Januar 2014 dem Auftraggeber zugesandt.
Der G-BA trifft jeweils einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.