10.09.2008
Weiterer Vorbericht zur Zuverlässigkeit von Diagnoseverfahren für Asthma bei Kleinkindern publiziert
IQWiG nimmt Stellungnahmen entgegen / Zusammenführen von Ergebnissen aus Therapie- und Diagnosestudien nicht möglich
Wie zuverlässig Asthma bronchiale bei Kindern im Alter von 2 bis 5 Jahren diagnostiziert werden kann, ist Gegenstand einer Untersuchung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Am 10. September 2008 haben die Wissenschaftler die vorläufigen Ergebnisse eines weiteren Teilauftrags publiziert. Damit beginnt eine Frist von vier Wochen (8. Oktober 2008), in der interessierte Personen und Institutionen schriftliche Stellungnahmen abgeben können.
Einen entsprechenden Forschungsauftrag hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem Institut im Juli 2006 erteilt. Das Gremium möchte mithilfe der IQWiG-Expertise die Frage beantworten, ob das bestehende Disease Management Programm (DMP) auf Kinder im Vorschulalter ausgeweitet werden soll. Bisher können Kinder erst ab einem Alter von 5 Jahren in ein DMP eingeschrieben werden.
Hohe Sicherheit der Diagnose erforderlich
Asthma bronchiale beginnt häufig im frühen Kindesalter, ist zu diesem Zeitpunkt aber nur schwer eindeutig zu diagnostizieren. Zudem sind kleine Kinder häufig wieder symptomfrei, wenn sie das Schulalter erreichen. Einerseits sollen bei der Untersuchung keine Asthma-Fälle übersehen werden, damit sie frühzeitig angemessen therapiert werden können. Andererseits sollen Kinder, die in Wirklichkeit kein chronisches Asthma haben, nicht unnötig behandelt und dadurch womöglich geschädigt werden. Die Sicherheit der Diagnose ist deshalb besonders wichtig.
Das IQWiG war in einem ersten, bereits abgeschlossenen Bericht der Frage nachgegangen, ob sich aus ärztlichen Behandlungsleitlinien ein Referenzstandard ableiten lässt, an dem die diagnostische Sicherheit einzelner Verfahren gemessen werden könnte. Da ein solcher Referenzstandard nicht identifiziert werden konnte, hat das Institut in einem zweiten Schritt die Genauigkeit von Diagnoseverfahren ohne Bezug zu einem Referenzstandard untersucht.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben dabei zunächst geprüft, wie gut die Verfahren geeignet sind, zwischen symptombehafteten aber nicht behandlungsbedürftigen Kindern einerseits und den ein chronisches Asthma entwickelnden Kindern andererseits zu unterscheiden. Der Vorbericht zu diesem Teilauftrag wurde im Juni 2008 publiziert. Er kommt zu der vorläufigen Schlussfolgerung, dass die verfügbaren Studien kein Verfahren als besonders geeignet ausweisen.
Methode der "Linked Evidence" nicht anwendbar
Im Mittelpunkt des jetzt vorgelegten Teil 2 steht die Wirksamkeit der Tests. Denn diese sind nur dann positiv zu bewerten, wenn sich aus ihnen therapeutische Konsequenzen ziehen lassen, d.h. die Patienten so behandelt werden können, dass sie davon profitieren. Wie die Recherche zu Teil 1 bereits ergeben hatte, gibt es derzeit keine Diagnosestudien (Phase 4), anhand derer sich die Frage nach der Wirksamkeit direkt beantworten ließe. Denn dies setzt ein Studiendesign voraus, das eine - aus einem Test und einer Intervention bestehende - Behandlungsstrategie untersucht.
Sind Informationen zu Diagnoseverfahren und therapeutischen Maßnahmen nur in getrennten Studien verfügbar (Diagnosestudien Phase 2 und 3 und Therapiestudien), kann man versuchen, diese zusammenzuführen und gewissermaßen zu "verlinken". So lassen sich zumindest indirekt Erkenntnisse zur klinischen Wirksamkeit von diagnostischen Verfahren gewinnen. Allerdings ist diese Methode der "linked evidence" an bestimmte methodische Voraussetzungen gebunden. Wie das IQWiG und seine externen Sachverständigen feststellten, sind diese Voraussetzungen bei den bisher verfügbaren Studien zur Asthma-Diagnose bei Kindern unter 5 Jahren nicht gegeben. So fehlt insbesondere ein Referenzstandard.
Keine belastbaren Aussagen möglich
Auch ein modifiziertes Vorgehen, das - angelehnt an die Kriterien der "linked evidence" - die Studien ohne bestehenden Referenztest zu verbinden versucht, ist nicht möglich. Das liegt unter anderem daran, dass in den Therapiestudien die asthmaspezifischen Einschlusskriterien nicht präzise beschrieben sind. Zudem nutzte keine der Therapiestudien für den Einschluss ein Verfahren, dessen diagnostische Güte bereits durch Studien belegt ist.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen deshalb zu der vorläufigen Schlussfolgerung, dass sich die Ergebnisse aus den Diagnose- und Therapiestudien nicht im eigentlichen Sinne einer "linked evidence" sinnvoll zusammenführen lassen. Es lassen sich weder belastbare Aussagen zur Güte einzelner, in Therapiestudien verwendeter Tests, noch zur klinischen Wirksamkeit der in Diagnosestudien der Phase 2 und 3 geprüften Interventionen treffen.
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Die berichtsspezifische Methodik hatte das IQWiG in der vorläufigen Version des Berichtsplans (Version 1.0) Anfang April 2007 dargelegt und um Stellungnahmen gebeten. Diese wurden zusammen mit der Version 2.0 des Berichtsplans Mitte August 2007 publiziert.
Auch die Stellungnahmen zum Vorbericht werden gesichtet und, sofern sie Fragen offen lassen, werden die Autoren zu einer mündlichen Erörterung eingeladen. Danach wird der Vorbericht überarbeitet und als Abschlussbericht an den Auftraggeber G-BA weitergeleitet.
Der ebenfalls zum Auftragspaket gehörenden Auftrag zum Standard der Diagnosestellung (V06-02A) ist bereits abgeschlossen. Teil 1 zum jetzt vorgelegten Vorbericht von Auftrag V06-02C wurde im Juni 2008 publiziert. Die endgültigen Ergebnisse der beiden Teile von V06-02C werden in einem gemeinsamen Abschlussbericht zusammengefasst. Zu einem dritten Teilauftrag (V06-02B), der sich mit dem Nutzen medikamentöser und nichtmedikamentöser Interventionen befasst, wurden die vorläufigen Ergebnisse Mitte Juni 2008 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt.
Kontakt: Tel. 0221-35685-0, info@iqwig.de