02.04.2008
Asthma bei Kleinkindern: Leitlinien liefern keinen Referenzstandard für die Diagnose
IQWiG schließt Teilauftrag zur Vorbereitung neuer DMP ab
Aus aktuellen und methodisch hochwertigen Leitlinien lässt sich kein Referenzstandard für die Diagnose eines Asthma bronchiale bei Kindern im Alter von 2 bis 5 Jahren ableiten. Zu diesem Ergebnis kommt der Abschlussbericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), den die Wissenschaftler am 2. April 2008 veröffentlicht haben.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte das IQWiG im Juli 2006 beauftragt, zu prüfen, welche Diagnoseverfahren am besten geeignet sind, Asthma bronchiale bei Kindern im Vorschulalter festzustellen. Zudem sollte das Institut ermitteln, welchen Nutzen oder Schaden sich aus den auf die Diagnose folgenden therapeutischen Maßnahmen bei diesen Kindern ergeben kann. Der G-BA möchte mithilfe der IQWiG-Expertise die Frage beantworten, ob und - wenn ja - wie neue Disease Management Programme (DMP) für Kinder im Vorschulalter eingerichtet werden sollen. Bisher können Kinder erst ab einem Alter von 5 Jahren in ein DMP eingeschrieben werden.
Diagnose im frühen Kindesalter besonders schwierig
Die Sicherheit der Diagnostik ist bei dieser Patientengruppe von besonders hoher Bedeutung. Denn Asthma beginnt häufig im frühen Kindesalter, ist zu diesem Zeitpunkt aber nur schwer eindeutig festzustellen. Einige Diagnoseverfahren sind bei unter 5-Jährigen aus technischen Gründen nicht anwendbar und häufig haben die Kinder im Schulalter keine asthma-typischen Symptome mehr. Einerseits sollen bei der Untersuchung keine Asthma-Fälle übersehen werden, damit sie tatsächlich frühzeitig angemessen therapiert werden können. Andererseits sollen Kinder, die in Wirklichkeit kein chronisches Asthma haben, nicht unnötig behandelt und dadurch womöglich geschädigt werden.
Leitlinien benennen keinen Algorithmus für Einzelmaßnahmen
Das IQWiG ist deshalb in einem ersten Teilauftrag (V06-02A) der Frage nachgegangen, welche Maßnahmen bei Verdacht auf Asthma bronchiale im Kleinkindalter zur Diagnosestellung empfohlen werden und ob es einen Referenzstandard gibt, an dem die diagnostische Sicherheit einzelner Verfahren gemessen werden könnte. Die Wissenschaftler haben dazu ärztliche Behandlungs-Leitlinien der Fachgesellschaften systematisch recherchiert und daraufhin untersucht, ob ein Referenzstandard beschrieben wird oder sich aus den Empfehlungen ableiten lässt.
Der Befund ist eindeutig: In keiner der insgesamt 14 Leitlinien, die das IQWiG in ihre Auswertung einbeziehen konnte, wurde ein Diagnoseverfahren ausdrücklich als Referenzstandard beschrieben. Zwar wurde in allen Asthma-Leitlinien betont, dass die Diagnose durch eine Kombination verschiedener Untersuchungsschritte zu stellen ist. Ein bestimmter Algorithmus, also welche Maßnahmen speziell bei den 2- bis 5-Jährigen in welcher Reihenfolge miteinander zu kombinieren sind, geht aus den Leitlinien jedoch nicht hervor. Lediglich in zwei Leitlinien wurden für die relevante Altersgruppe Symptome mit bestimmten Risikofaktoren verknüpft.
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Den Vorbericht hatte das IQWiG am 17. September 2007 im Internet publiziert. Bis zum 15. Oktober konnten dazu Stellungnahmen eingereicht werden. Das IQWiG erhielt drei solcher Kommentare, die aber der allgemeinen Schlussfolgerung des Vorberichts nicht widersprachen. Zusätzliche, bis dahin nicht vom IQWiG identifizierte, aber relevante Publikationen wurden darin ebenfalls nicht benannt. Da die Stellungnahmen keine Fragen aufwarfen, die diskutiert werden mussten, verzichtete das IQWiG auf eine mündliche wissenschaftliche Erörterung. Die Stellungnahmen wurden aber berücksichtigt: Ihre inhaltlichen Einwände werden im Abschlussbericht diskutiert (siehe S. 75-78) und in einem gesonderten Dokument vollständig wiedergegeben. Am 6. Februar 2008 wurde der Abschlussbericht an den Auftraggeber G-BA versandt.
Zu den ebenfalls zum Auftragspaket gehörenden Teilaufträgen V06-02B (Wissenschaftliche Bewertung medikamentöser und nichtmedikamentöser Interventionen bei Kindern mit bronchialer Obstruktion im Alter von 2 bis 5 Jahren) und V06-02C (Wissenschaftliche Bewertung verschiedener Untersuchungsmethoden zur Diagnosestellung eines Asthma bronchiale bei Kindern im Alter von 2 bis 5 Jahren) sind Berichtspläne, jedoch noch keine Vorberichte erschienen. Dabei bauen die verschiedenen Teilaufträge aufeinander auf: Die Analyse der aktuellen Diagnoseempfehlungen (V06-2A) dient als Grundlage für die nachfolgende Bewertung diagnostischer Maßnahmen (V06-02C).