29.11.2007
Nicht schlecht versorgt, aber trotzdem unzufrieden
Vergleichende Befragung zu Erfahrungen mit dem Gesundheitswesen in sieben Ländern
Durchweg schlechte Erfahrungen hat nur eine Minderheit der Deutschen mit ihrem Gesundheitswesen gemacht - trotzdem ist die Mehrheit überzeugt, dass zumindest grundlegende Änderungen nötig sind. Auf diese Formel lässt sich die diesjährige, international vergleichende Umfrage bringen, an der Erwachsene aus sieben Ländern teilgenommen haben. Im April 2007 waren insgesamt etwa 12.000 Männer und Frauen ab 18 Jahren aus Australien, Kanada, Deutschland, den Niederlanden, Neuseeland, England und den USA unter anderem zu ihren Erfahrungen mit Ärzten und Kliniken per Telefon interviewt worden. Die Umfrage wurde vom Commonwealth Fund, einer privaten Stiftung aus den USA, koordiniert. Den deutschen Teil der Umfrage unter 1.407 Personen hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) finanziert. Die Ergebnisse wurden jetzt auf den Internetseiten der englischsprachigen Zeitschrift Health Affairs veröffentlicht.
In allen Ländern ist ein Allgemeinarzt für die meisten Patienten die erste Anlaufstelle bei medizinischen Fragen. In Deutschland gaben 95 Prozent der Befragten an, bei Gesundheitsproblemen einen bestimmten Arzt oder eine bestimmte Praxis aufzusuchen. Und in neun von zehn Fällen waren die Ärzte dann auch über die Vorgeschichte der Patienten im Bilde. Deutsche suchen jedoch häufiger zusätzlich Fachärzte auf: Während hierzulande im Durchschnitt etwa 70 Prozent der Befragten in den letzten zwölf Monaten auch einen Facharzt zu Rate zogen, waren es in anderen Ländern nur zwischen 40 und 55 Prozent.
Die Interviewer fragten auch nach konkreten schlechten Erfahrungen. Insgesamt lag die Rate meist relativ niedrig. So berichteten beispielsweise nur zwischen 4 und 9 Prozent der Deutschen über Fehler bei der Verschreibung von Medikamenten oder falschen Diagnoseergebnissen. In den Vergleichsländern lag die Fehlerrate dagegen bei 9 bis 15 Prozent.
Trotzdem hält eine Mehrheit von 78 Prozent der Deutschen "grundlegende Änderungen" (51 %)oder sogar eine "komplette" Reformierung (27 %) des Gesundheitswesens für nötig. Eine ähnliche Diskrepanz zwischen mehrheitlich nicht schlechten Erfahrungen und starken Wünschen nach Veränderungen hatten auch Umfragen des Jahres 2005 bei chronisch Kranken und 2006 bei Ärzten ergeben. Möglicherweise schlägt sich hier die in Deutschland in den letzten Jahren sehr kontrovers geführte öffentliche Diskussion um Reformen des Gesundheitswesens nieder.
Abstract der Publikation der Ergebnisse (in Englisch)
Toward Higher-Performance Health Systems: Adults' Health Care Experiences In Seven Countries, 2007
Cathy Schoen, Robin Osborn, Michelle M. Doty, Meghan Bishop, Jordon Peugh, and Nandita Murukutla.
http://content.healthaffairs.org/cgi/content/abstract/26/6/w717
Kontakt: Tel. 0221-35685-0, info@iqwig.de