24.09.2007
Deutsche Ärzte sind besonders unzufrieden mit ihrem Gesundheitssystem
International vergleichende Umfrage unter Primärärzten bescheinigt Deutschland zugleich hohe Versorgungsqualität
Deutsche Haus- und Allgemeinärzte schätzen die Qualität der Versorgung ihrer Patienten als gut bis sehr gut ein. Dennoch halten sie in der großen Mehrzahl massive Änderungen im Gesundheitswesen für nötig. Dieses paradox erscheinende Ergebnis ist einer der herausragenden Befunde einer internationalen Studie, an der etwa 6100 Ärzte aus 7 Ländern (Australien, Kanada, Deutschland, Niederlande, Neuseeland, Großbritannien und USA) teilgenommen haben. Auch das IQWiG war beteiligt: In Kooperation mit dem Commonwealth Fund (USA) hat das IQWiG im Jahr 2006 etwa 1000 deutsche Allgemeinmediziner, Pädiater und hausärztlich tätige Internisten zu verschiedenen Aspekten ihrer Arbeit und ihrer Zufriedenheit interviewen lassen.
In vielen Bereichen, wie zum Beispiel Diagnosefehler oder Wartezeiten, geben deutsche Mediziner dem eigenen Gesundheitswesen wesentlich bessere Noten als etwa britische, US-amerikanische oder niederländische Kollegen. Dennoch halten 96 Prozent der deutschen Ärzte "grundlegende Änderungen" des deutschen Gesundheitswesens für nötig oder fordern sogar, dass es "komplett reformiert werden müsste". In anderen Ländern sind deutlich weniger Ärzte derart unzufrieden.
Als Ursache dieser Diskrepanz kommen viele Faktoren in Frage, die in der Umfrage nicht vollständig erfasst werden konnten. Mit zur Unzufriedenheit beitragen könnte, dass deutsche Allgemeinärzte wesentlich mehr Patientenkontakte bewältigen müssen als Kollegen in anderen Ländern: Hierzulande sind es pro Woche durchschnittlich etwa 240 Patienten, die ein Arzt behandelt, in den übrigen Ländern sind es zwischen 100 und 150 Patienten. Im Schnitt liegt die Zeit pro Patientenkontakt international zwischen 11 und 19 Minuten, in Deutschland bei unter 8 Minuten.
Ergebnisse jetzt umfassend publiziert
Die Umfrage untersuchte eine Vielzahl von Aspekten, unter anderem Praxisprofile, demografische Daten, die generellen Bewertung des Gesundheitssystems und der Zufriedenheit mit der beruflichen Situation sowie mit der Behandlung der Patienten und Disease-Management-Programmen. Darüber hinaus ging es in diesem Survey auch um finanzielle Anreizsysteme, um die Koordination der Versorgung und Patientensicherheit, um "Qualitätsinitiativen und medizinische Praxis" sowie um "Verwaltungssysteme und medizinische Praxis". Einen Überblick über die Ergebnisse aus deutscher Sicht gibt ein aktuell im Deutschen Ärzteblatt erschienener Artikel. Sein inhaltlicher Schwerpunkt liegt auf den drei ersten Themenbereichen: Primärärztliche Versorgung in Deutschland im internationalen Vergleich: Ergebnisse einer strukturvalidierten Ärztebefragung. Vor allem mit den vier letztgenannten Aspekten befasst sich ein Beitrag in der US-amerikanischen Zeitschrift Health Affairs: On The Front Lines Of Care: Primary Care Doctors’ Office Systems, Experiences, And Views In Seven Countries.
Kontakt: Tel. 0221-35685-0, info@iqwig.de