16.02.2021
Fragen an die Wissenschaft: Das IQWiG legt fünf neue Themen für HTA-Berichte fest
Nun werden per Ausschreibung externe Wissenschaftler-Teams gesucht, die Antworten auf die einzelnen Fragen recherchieren und ausarbeiten.
Strahlentherapie bei Fibromatosen an Hand und Fuß, nichtmedikamentöse Verfahren bei Restless-Legs-Syndrom, Empfängnisverhütung durch Hormon- oder Kupferspirale, Yoga bei Burnout, Augentraining bei Kindern und Jugendlichen – diese fünf medizinischen Themen hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) aus den von Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen des ThemenCheck Medizin zwischen August 2019 und Juli 2020 eingereichten Vorschlägen für eine wissenschaftliche Untersuchung ausgewählt.
Das IQWiG sucht und beauftragt nun externe Wissenschaftler-Teams. Diese werden die fünf ausgewählten Fragestellungen untersuchen und jeweils eine wissenschaftliche Gesundheitstechnologiebewertung (engl. Health Technology Assessment = HTA) dazu erstellen. Die Bewertungen werden nach Abschluss als sogenannte HTA-Berichte beim ThemenCheck Medizin auf der Internetseite des Instituts veröffentlicht. Darüber hinaus leitet das IQWiG alle HTA-Berichte an Institutionen und Akteure weiter, die über den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung und die Ausgestaltung des Gesundheitswesens in Deutschland entscheiden.
Die Themenvorschläge im Detail
- Fibromatosen sind gutartige Wucherungen des Bindegewebes, die z. B. an Händen und Füßen zu Funktionseinschränkungen führen können. Externe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden im Auftrag des IQWiG den Einsatz der Strahlentherapie mit den bisher üblichen Injektionen oder Operationen vergleichen und untersuchen, ob der frühe Einsatz der Strahlentherapie gegebenenfalls Operationen überflüssig machen kann. Dabei soll der Aspekt möglicher Langzeitschäden nicht unberücksichtigt bleiben.
- Das Restless-Legs-Syndrom äußert sich durch Ziehen, Reißen, Kribbeln, Schmerzen und Krämpfe in den Beinen, meist verbunden mit einem unbändigen Bewegungsdrang. Die Symptome treten in der Regel in Ruhe, vor allem am Abend und in der Nacht auf, was zu starken Ein- oder Durchschlafstörungen führen kann. Ein vom IQWiG zu beauftragendes externes Wissenschaftler-Team wird untersuchen, ob sich durch nicht medikamentöse Verfahren – wie etwa Akupunktur oder Magnetfeldtherapie – die Symptome lindern lassen.
- Empfängnisverhütung: Ein Vergleich von Hormonspirale und Kupferspirale soll – neben der Frage der Sicherheit als Verhütungsmethode – insbesondere klären, wie die verschiedenen Begleit- und Nebenwirkungen der Hormon- bzw. der Kupferspirale von Frauen erlebt und bewertet werden.
- Burnout bezeichnet einen emotionalen, geistigen und körperlichen Erschöpfungszustand und geht oft auf Überforderung und Stress zurück. Behandelt wird Burnout meist mit einer Psychotherapie. Es soll nun im Auftrag des IQWiG untersucht werden, ob auch Yoga durch eine Reihe geistiger und körperlicher Übungen bei der Bewältigung des Burnouts helfen kann.
- Sehprobleme: Vom IQWiG zu beauftragende Expertinnen und Experten werden untersuchen, ob Kinder und Jugendliche von regelmäßigem Augentraining profitieren. Dieses soll die unterschiedlichen Teilbereiche des Sehens, wie Fixieren, Scharfstellen, Augenbewegungen und visuelle Wahrnehmung, durch gezieltes Üben fördern und so das Sehen insgesamt verbessern.
Themen einreichen ist einfach und online möglich
Beim ThemenCheck Medizin des IQWiG können Bürgerinnen und Bürger seit 2016 Fragen an die Wissenschaft stellen und Vorschläge für wissenschaftliche Begutachtungen von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren einreichen. Grundsätzlich sind dafür alle Themen geeignet, die die Gesundheitsversorgung betreffen: von Vorsorgemaßnahmen und Früherkennung über die Diagnostik, die medizinische Behandlung bis hin zur Rehabilitation. Nur die Bewertung von Arzneimitteln ist im Rahmen des ThemenCheck Medizin nicht vorgesehen.
Auf der IQWiG-Website können die Fragen online und ohne die Voraussetzung medizinischer Fachkenntnisse in ein Formular eingegeben werden. Im Bedarfsfall klärt das ThemenCheck-Team offene Punkte anschließend direkt mit den Einreichenden im telefonischen Kontakt.
Aus den so gesammelten Vorschlägen werden in einem zweistufigen Auswahlverfahren pro Jahr bis zu fünf Themen zur Bearbeitung ausgewählt.
Kooperation von Bürgern, Patienten und Medizinexperten bei der Themenauswahl
Bei der Themenauswahl finden sowohl die Bürgersicht und die Patientenperspektive als auch die wissenschaftliche Bedeutung der Themen Berücksichtigung: In einer ersten Stufe trifft der Auswahlbeirat – besetzt mit Bürgerinnen und Bürgern, Patientenvertreterinnen und -vertretern – zunächst eine Vorauswahl von 15 Themen. Vertreterinnen und Vertreter der die Stiftung tragenden Institutionen sowie das Bundesgesundheitsministerium unterstützen das IQWiG dann in der zweiten Auswahlstufe dabei, die für HTA-Berichte geeigneten Themen zu bestimmen.
Zu den auf diese Weise ausgewählten Themen werden von externen Sachverständigen HTA-Berichte erstellt. Diesen liegt meist ein fester Fragenkatalog zugrunde, zum Beispiel: Was sind medizinische Vor- und Nachteile eines Verfahrens? Ist es besser als bisherige Alternativen? Was kostet es? Sind ethische Aspekte zu beachten? Hat das Verfahren gesellschaftliche Auswirkungen? Dabei recherchieren die Autorinnen und Autoren der HTA-Berichte die wissenschaftliche Literatur zu den Fragen, bewerten ihre Ergebnisse und geben auf dieser Grundlage Empfehlungen ab.
Die so entstandenen vollständigen HTA-Berichte umfassen jeweils den wissenschaftlichen Bericht und einen Herausgeberkommentar des IQWiG. Eine zusätzlich erstellte kompakte Fassung der Berichte („HTA kompakt“) gibt Bürgerinnen und Bürgern auch eine leicht verständliche Antwort auf ihre Frage an die Wissenschaft.
Alle bis zum 31. Juli 2021 beim ThemenCheck Medizin eingegangenen Themenvorschläge gehen in die nächste Auswahlrunde ein.