15.09.2021

Venetoclax bei akuter myeloischer Leukämie: Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen

Drittes neues Anwendungsgebiet / Die Betroffenen leben im Median noch gut ein Jahr – und damit länger als unter der zweckmäßigen Vergleichstherapie.

In einer frühen Nutzenbewertung hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht, ob Venetoclax in Kombination mit einer hypomethylierenden Substanz (HMA) Menschen mit neu diagnostizierter akuter myeloischer Leukämie (AML), für die eine intensive Chemotherapie nicht geeignet ist, einen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie bietet. Dabei zeigte sich, dass Patientinnen und Patienten unter Venetoclax in Kombination mit dem HMA Azacitidin länger überleben als unter Azacitidin allein. Demnach gibt es für Betroffene mit neu diagnostizierter AML, für die eine intensive Chemotherapie nicht geeignet ist, einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Drittes neues Anwendungsgebiet

Venetoclax war ursprünglich als Monotherapie zur Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) zugelassen und durchlief 2018 nach Aufhebung seines Orphan-Drug-Status wegen Überschreiten der Umsatzgrenze eine erste vollständige frühe Nutzenbewertung. Dabei war ein in keiner der beiden Fragestellungen belegt.

In einer ersten Erweiterung des Anwendungsgebiets wurde der Wirkstoff auch zur CLL-Therapie in Kombination mit Rituximab zugelassen. Gemäß einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) nach einer Dossierbewertung und einem Addendum des IQWiG gibt es für diese Kombination einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen bei Patientinnen und Patienten, für die Bendamustin in Kombination mit Rituximab die patientenindividuell geeignete Therapie darstellt. Für andere Gruppen von Betroffenen ist ein Zusatznutzen wiederum nicht belegt.

Ein zweites neues Anwendungsgebiet wurde 2020 bewertet: die Erstlinientherapie von CLL mit Venetoclax in Kombination mit Obinutuzumab. Auch hier beschloss der nach einer Dossierbewertung und einem Addendum des IQWiG, dass ein Zusatznutzen für keine der beiden Fragestellungen belegt ist.

Seit 2021 ist Venetoclax nun auch im Rahmen einer Kombinationstherapie zur Erstlinien-Behandlung der akuten myeloischen Leukämie zugelassen, wenn eine intensive Chemotherapie für die Betroffenen nicht infrage kommt. Das machte eine weitere frühe Nutzenbewertung erforderlich.

Verlängerung des Gesamtüberlebens

Der Hersteller führt in seinem Dossier Auswertungen des jüngsten (dritten) Datenschnitts seiner noch laufenden randomisierten Doppelblindstudie Viale-A an, in der die Kombination Venetoclax + Azacitidin mit der Kombination + Azacitidin verglichen wird. Einbezogen wurden die Daten jener gut 72 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, für die eine intensive Chemotherapie nicht geeignet ist.

Zum Zeitpunkt dieses dritten Datenschnitts waren im Interventionsarm etwa 66 Prozent der Patientinnen und Patienten verstorben, im Vergleichsarm etwa 87 Prozent. Die mediane Zeit bis zum Versterben lag unter Venetoclax + Azacitidin bei 12,6 Monaten, unter Placebo + Azacitidin dagegen bei 9,1 Monaten. Daraus ergibt sich ein Hinweis auf einen .

Mehr Neutropenien

In den Endpunktkategorien und gesundheitsbezogene Lebensqualität lagen keine verwertbaren Daten vor, sodass sich hier keine Vor- oder Nachteile der neuen Kombination zeigen. In der Kategorie Nebenwirkungen gibt es sowohl Vor- als auch Nachteile für Venetoclax. Insbesondere zeigt sich ein Anhaltspunkt für einen höheren Schaden von erheblichem Ausmaß bei schweren Neutropenien. Dieser stellt aber die positiven Effekte, insbesondere beim Gesamtüberleben, nicht infrage.

In der Gesamtschau gibt es damit einen Hinweis auf einen beträchtlichen von Venetoclax + Azacitidin gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie.

G‑BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.

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