23.01.2023

Hochrisiko-Medizinprodukt: keine belastbaren Daten für pulmonale Thrombektomie mittels Disc-Retriever

Eine derzeit laufende Studie zur Behandlung einer Lungenembolie könnte fehlende Daten liefern – und verdeutlichen, dass RCTs auch bei selten eingesetzten Hochrisiko-Medizinprodukten durchaus machbar sind.

Die pulmonale Thrombektomie mittels Disc-Retriever kann bei einer akuten Lungenembolie erwogen werden, wenn eine medikamentöse Behandlung nicht infrage kommt. Ziel der Therapie ist es, den Thrombus mit einem Katheter möglichst vollständig aus der Lungenarterie zu entfernen. In einer Bewertung gemäß § 137h SGB V hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) geprüft, ob diese neue Methode für Patientinnen und Patienten Vorteile oder Nachteile hat oder unwirksam ist. Die vorliegenden Daten erlauben keine Aussagen zu , Schädlichkeit oder Unwirksamkeit der Thrombektomie mittels Disc-Retriever. Da jedoch eine (RCT) läuft, erscheint eine deutsche Erprobungsstudie derzeit nicht sinnvoll.

Wie kann eine Lungenembolie behandelt werden?

Bei akuten Lungenembolien kommen häufig Medikamente zum Einsatz. So können zum Beispiel über eine Infusion Medikamente gegeben werden, die den Thrombus auflösen sollen. Eine solche systemische Thrombolyse kann aber aus verschiedenen Gründen nicht möglich sein. Dann kommen unter anderem kathetergesteuerte Verfahren infrage. Bei einer kathetergesteuerten Thrombolyse (catheter-directed thrombolysis, CDT) zum Beispiel wird direkt in das Blutgefäß an der verschlossenen Stelle ein thrombusauflösendes Medikament gegeben. Durch die Gabe über einen Katheter kann das Medikament deutlich geringer dosiert werden als bei einer systemischen Thrombolyse – und kommt unter Umständen auch infrage, wenn Letztere ausgeschlossen ist. Bei der jetzt bewerteten Thrombektomie mittels Disc-Retriever soll der Thrombus hingegen mechanisch aus der Arterie entfernt werden. Dafür wird mit einem Katheter ein Drahtgeflecht eingebracht. Es soll den Thrombus fixieren, sodass er sich möglichst vollständig herausziehen lässt.

Noch fehlen belastbare Daten – laufende RCT könnte jedoch Lücke schließen

Die bisher vorliegenden Daten erlauben keine Aussagen zu Nutzen oder Schädlichkeit der Thrombektomie mittels Disc-Retriever. Derzeit läuft mit PEERLESS jedoch eine RCT, die die neue Methode mit einer CDT vergleicht. An der Studie nehmen Patientinnen und Patienten mit akuter Lungenembolie teil. „Für PEERLESS sollen 550 Patientinnen und Patienten in 58 Studienzentren rekrutiert werden – für eine nichtmedikamentöse Studie ist das eine beachtliche Zahl,“ erklärt Julia Kreis, Bereichsleiterin im IQWiG-Ressort Nichtmedikamentöse Verfahren. „Das gewählte Studiendesign einer randomisierten kontrollierten Studie und die festgelegten Endpunkte der Studie erscheinen nachvollziehbar und sinnvoll.“ Etwa ein halbes Jahr nach Studienbeginn von PEERLESS rekrutierten rund 70 % der eingeplanten Studienzentren. Die übrigen Zentren sollen in Kürze ebenfalls Probanden einschreiben. Es ist geplant, die Studie im März 2024 abzuschließen. „Wenn dies gelingt, kann die PEERLESS-Studie wichtige Ergebnisse liefern. Und sie kann verdeutlichen, dass eine RCT bei einem Hochrisiko-Medizinprodukt und einer seltenen Indikation zwar anspruchsvoll, aber durchaus machbar ist,“ so Kreis abschließend.

Bewertung von Medizinprodukten gemäß § 137h SGB V

Bei Bewertungen neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Medizinprodukten hoher Risikoklassen nach § 137h SGB V prüft das IQWiG jeweils die Daten, die das Krankenhaus und der Hersteller dazu vorgelegt haben. Lässt sich daraus ein Nutzen der neuen, invasiven und besonders teuren Methode ableiten, können die Krankenhäuser über ein Zusatzentgelt verhandeln. Zeigt sich, dass das neue Verfahren unwirksam oder gar schädlich für die Behandelten ist, erfolgt ein Ausschluss aus der Versorgung. Ist keine sichere Aussage zu Nutzen, Schaden oder Unwirksamkeit möglich, so hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) qua Gesetz eine Erprobungsstudie aufzusetzen und auch zu finanzieren. Für die Bewertung von Methoden mit Hochrisiko-Medizinprodukten hat das IQWiG in der Regel nur sechs Wochen Zeit.

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