2017: Übertragung von Evidenz – Spiel ohne Grenzen?
Für Entscheidungen im Gesundheitswesen werden ganz selbstverständlich Ergebnisse klinischer Studien herangezogen. Auch wenn es darum geht, Betroffene fair und angemessen über die Vor- und Nachteile von Interventionen zu informieren, ist solche Evidenz gefragt.
Aber längst nicht für jede Entscheidung oder Zielgruppe gibt es passgenaue Daten. Für viele Interventionen fehlen zum Beispiel Erkenntnisse über Kinder, Hochbetagte oder Patientinnen und Patienten mit bestimmten Begleiterkrankungen. Oder die Daten stammen aus klinischen Studien, die in Ländern außerhalb unseres Kulturkreises durchgeführt wurden. Inwieweit können deren Ergebnisse informierte Entscheidungen bei uns in Deutschland unterstützen?
Kann man in solchen Situationen Evidenz extrapolieren, ohne das sichere Fundament der evidenzbasierten Medizin zu verlassen? Wenn ja, mit welchen Methoden? Ist Extrapolation nicht sogar notwendiger Bestandteil jeglicher wissenschaftlicher Evaluation? Verführt sie andererseits zu Beliebigkeit und unterläuft damit die Bestrebungen der evidenzbasierten Medizin? Wo sind die Grenzen der Übertragbarkeit, und wie sind sie zu ziehen?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich das diesjährige IQWiG-Herbstsymposium, auch aus aktuellem gesetzgeberischem Anlass: Der Zusatznutzen von Arzneimitteln für Kinder muss nicht mehr mit eigenen Studien belegt werden, wenn diese bereits für Erwachsene zugelassen sind.