Information Retrieval Meeting (IRM 2024)

2024: Die nächste Stufe: Megadatenbanken, künstliche Intelligenz und jetzt?

Wortwolke IRM 2024

Megadatenbanken und künstliche Intelligenz gewinnen rasant an Bedeutung. Was bedeutet das für die Zukunft des „Information Retrieval“? Diese Frage diskutierte das IQWiG am 26. April beim Information Retrieval Meeting in Köln unter dem Leitthema: „Die nächste Stufe: Megadatenbanken, künstliche Intelligenz und jetzt?“ Das eintägige Meeting bildete die Fortführung dieses Formats, das 2022 vom IQWiG-Ressort „Informationsmanagement“ in Leben gerufen worden war.

Mehr als 100 internationale Expertinnen und Experten, vor allem aus HTA-Agenturen und mit akademischem Bezug kamen nach Köln, um über künstliche Intelligenz (KI), Megadatenbanken, neue technische Tools und die absehbaren Konsequenzen fürs Information Retrieval zu diskutieren. Im Plenum, in Workshops und beim persönlichen Networking hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Gelegenheit, sich über moderne digitale Möglichkeiten zu informieren und so neue wichtige Erkenntnisse für ihren Arbeitsalltag zu gewinnen.

Aaron Tay:

Den Anfang machte Aaron Tay von der Singapore Management University mit seiner Keynote zu den Trends, die das Information Retrieval im nächsten Jahrzehnt drastisch verändern könnten. Er stellte Megadatenbanken wie Semantic Scholar, Lens.org und OpenAlex vor – und auch GPT-basierte KI-Tools. Insbesondere die Entwicklung von der sogenannten „semantic search“, wo die Systeme die Bedeutung von Sätzen verstehen, sollte man Tay zufolge unbedingt im Blick behalten.

Harrisen Scells:

Im Anschluss erklärte Harrisen Scells von der Universität Leipzig in seinem Workshop, welche Möglichkeiten sogenannte APIs (Application Programming Interfaces) bereits jetzt bieten. APIs seien ein mächtiges Werkzeug, mit dem verschiedenste Information Retrieval Aufgaben unterstützt werden können. Die grundlegenden Komponenten einer API-Anfrage seien schnell zu verstehen und nachvollziehbar. Vor allem die Schnittstellen zu Thesauri (MeSH) und zu bibliografischen Datenbanken sowie Suchplattformen (PubMed, Ovid) könnten die Erstellung von Suchstrategien beschleunigen und vereinfachen, so Scells.

Ian Shemilt:

Ian Shemilt vom EPPI Centre des University College London skizzierte in seinem Workshop die jüngsten Fortschritte bei der Nutzung von OpenAlex zur effizienten und automatischen Aktualisierung von systematischen Übersichtsarbeiten. Er demonstrierte die Integration von OpenAlex anhand des EPPI-Reviewers. Als praktisches Beispiel verwendete er dabei den IQWiG V22-06A „Evidenzrecherche zur S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Gicht“. Die im Volltext ein- sowie ausgeschlossenen Referenzen bildeten die Basis für seine Analyse. Die Integration von OpenAlex erlaube es, referenz- oder topic-basiert auf neue Referenzen und Preprints zuzugreifen. Es sei aber noch nicht klar, ob in Zukunft Cochrane Reviews mit dieser Methode aktualisiert werden könnten, meinte Shelmit.

Rabea Müller:

Am Nachmittag stellte Rabea Müller von der Zentralbibliothek für Medizin in Köln in einem Workshop die Library Carpentries „Handwerkszeug für Bibliotheken und Information Specialists“ vor und ging dabei konkret auf drei Programme ein: die dynamische und vielseitige Programmiersprache Python, die Versionsverwaltungssoftware Git und das Kommandozeilentool Unix Shell für Unix-Betriebssysteme. Gerade Letzteres ermögliche es Nutzerinnen und Nutzern, komplexe und leistungsfähige Aufgaben – mit nur geringem Aufwand – auszuführen. Sich wiederholende Aufgaben könnten so automatisiert und kleinere Aufgaben zu größeren, leistungsfähigeren Arbeitsabläufen kombiniert werden, betonte Müller. Innerhalb der „Library Carpentries“ würden u. a. Workshops z.B. zu APIs angeboten.

Amy Finnegan:

Amy Finnegan von der englischen HTA-Agentur NICE präsentierte in ihrem Workshop ein Pilotprojekt zum automatisierten Ausschluss von Tierstudien (Classifier basierend auf pattern matching), die innerhalb von Recherchen nach wissenschaftlicher Literatur nicht optimal durch Tierfilter (Limitierungen) in Suchen vorab ausgeschlossen werden konnten. Sie betonte, sich dabei nicht auf Datenbank-Klassifizierungen fokussiert zu haben, sondern mit eigenen hochwertigen Trainingsdaten gearbeitet zu haben. Eingebettet war dieses Projekt in ein „IS upskilling“ Projekt, bei dem 6 der 35 Information specialists (IS) des NICE 12 Monate programmieren lernen konnten (Programmiersprache R). 5 der 6 Information Specialists besaßen vorab keine Programmierkenntnisse und bekamen einen Arbeitstag in der Woche für diese Projektarbeit Zeit zur Verfügung gestellt. Insgesamt schloss NICE innerhalb dieses Projektes 5 Projekte ab (u. a. Datenumformatierungstools, DOI automatisch beziehen usw.). Zunächst seien kleinere Projekte umgesetzt worden, um ein grundlegendes Verständnis für den Einsatz von und die Umsetzung per R zu gewinnen, um dann bspw. zukünftig classifier für non-RCTs entwickeln zu können.

Fishbowl-Diskussion:

Das Information-Retrieval-Meeting schloss mit einer gemeinsamen Fishbowl-Diskussion zu Fragen der Zukunft des Information Retrievals: Werden die neuen Tools Information Specialists eventuell überflüssig machen oder nur das Berufsprofil ändern? Und falls ja, wie? Es entwickelte sich eine sehr spannende Diskussion, wobei sich die Runde einig war, dass sich das Berufsbild zwar ändern dürfte, aber künftig eher noch an Bedeutung gewinnen wird.

IRM24 in a nutshell

Programme (Tagungssprache: Englisch)

10:00 - 10:15 Introduction / Welcome
10:15 - 11:30 Keynote

Aaron Tay (Singapore Management University)
11:30 - 11:45 Break
11:45 - 12:45 Workshop 1:

Harrisen Scells (Leipzig University)
Workshop 2:

Ian Shemilt (EPPI Centre, University College London)
12:45 - 13:45 Lunchbreak
13:45 - 14:45 Workshop 3:

Rabea Müller (ZBMed, Cologne)
Workshop 4:

Amy Finnegan (NICE, Manchester)
14:45 - 15:00 Break
15:00 - 16:10 Discussion (Aaron Tay & other presenters)
Will these new tools eventually abolish the need for information specialists? How can we adapt?
16:10 - 16:15 Closing remarks and end of meeting

Am 10. und 11. Juni 2022 fand das „Information Retrieval Meeting (IRM 2022)“ statt

In unserer englischsprachigen Veranstaltung zum Übergang des Information Retrieval ins digitale Zeitalter "Information Retrieval Meeting (IRM 2022): Transition into the Digital Age" gab es mehrere inspirierende Keynotes, Vorträge und Workshops zu den aktuellen Entwicklungen und praktischen Erfahrungen mit Digitalisierung und Automatisierung im Information Retrieval. Während dieser zwei Tage tauschten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus 17 Ländern ihre praktischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse über ihre Herausforderungen und Lösungen im Bereich Information Retrieval für systematische Übersichten und HTA-Berichte aus.

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